Missbrauch von Unternehmensvermögen in Frankreich: Kassationsgerichtshof bestätigt Anwendbarkeit bei ausländischen Unternehmen
Die Voraussetzungen des Tatbestands des Missbrauchs von Unternehmensvermögen (abus de biens sociaux) sind im Artikel L. 241-3 Nummer 4 des französischen Handelsgesetzbuches (Code de commerce) geregelt. Dieser liegt vor, wenn ein leitender Angestellter einer Gesellschaft das Vermögen oder die finanziellen Mittel der Gesellschaft für persönliche Zwecke oder mit dem Ziel verwendet, eine andere Gesellschaft zu begünstigen, an der der leitende Angestellte ein Interesse hat.
Mit dem Urteil Nr. 19-80991 vom 2. März 2021 hat der französische Kassationsgerichtshof (Cour de cassation; entspricht dem deutschen Bundesgerichtshof) entschieden, dass das Delikt des Missbrauchs von Unternehmensvermögen nach französischem Recht auf ausländische Gesellschaften angewendet werden kann obwohl diese nicht in Frankreich registriert sind.
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall ging es um eine in der Slowakei eingetragene Gesellschaft, die den Großteil ihrer Tätigkeit in Frankreich ausübt und dessen Geschäftsführer in Frankreich sitzen. Eine Betriebsstätte des slowakischen Unternehmens war jedoch nicht im französischen Handelsregister eingetragen (obwohl die entsprechenden Voraussetzungen im vorliegenden Fall vorlagen). Der Kassationsgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass die ausländische Gesellschaft eine stabile und kontinuierliche Tätigkeit in Frankreich hatte, die dort von einem effektiven Management- und Kontrollzentrum geführt wird. Außerdem hatte die ausländische Gesellschaft am französischen Wohnsitz der Geschäftsführer eine ständige Vertretung für die Bedürfnisse ihrer Tätigkeit und führte dort einen vollständigen Produktionszyklus durch, was eine Zweigniederlassung charakterisiert, auch wenn keine Eintragung im Handelsregister vorlag.
In der Literatur ist dieses Urteil stark umstritten und widerspricht laut einigen Autoren der Niederlassungsfreiheit, zumal der Kassationsgerichtshof sein Urteil nicht mit dem Argument der Fiktivität des Gesellschaftssitzes in der Slowakei untermauert hat.
Praxistipp:
Ein im Ausland angesiedeltes Unternehmen, welches in Frankreich eine Tätigkeit entfaltet, sollte prüfen lassen, inwieweit diese Tätigkeit in Frankreich Risiken bzw. die Pflicht birgt, ordnungsgemäß zumindest eine Zweigniederlassung einzutragen.
Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere deutsch-französischen Rechtsanwälte selbstverständlich gerne zur Verfügung.
PDF öffnen Drucken