Beendigung eines Geschäftsführer-Mandats in einer SAS in Frankreich: Was sind die Folgen, wenn der Geschäftsführer stillschweigend weiter im Amt bleibt?
Die Modalitäten der Bestellung des gesetzlichen Vertreters und Geschäftsführers (Président) einer vereinfachten französischen Aktiengesellschaft (société par actions simplifiée - SAS) sind nicht im Gesetz geregelt. Sie müssen daher in der Satzung (Gesellschaftsvertrag) der SAS festgelegt werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Dauer des Mandats sowie der Modalitäten der Abberufung (Notwendigkeit eines rechtfertigenden Grundes; Entschädigung).
In der Regel sieht die Satzung einer SAS vor, dass die Bestellung befristet oder unbefristet erfolgen kann.
Erfolgt die Bestellung befristet, endet das gesellschaftsrechtliche Mandat automatisch mit Ablauf der festgelegten Dauer, es sei denn, es wird vor dieser automatischen Beendigung ausdrücklich verlängert.
Wie verhält es sich nun, wenn ein befristet bestellter Président nach dem Ablauf der festgelegten Dauer seines Amtes de facto weiter im Amt bleibt?
Mit dem Urteil Nr. 19-14.525 vom 17. März 2021 hat der französische Kassationsgerichtshof (Cour de cassation; entspricht dem deutschen Bundesgerichtshof) entschieden, dass der Président bei Fehlen einer ausdrücklichen Verlängerung seiner Amtszeit zum faktischen Geschäftsführer wird.
Ein faktischer Geschäftsführer kann sich jedoch nicht auf Vorschriften der Satzung der SAS berufen, auf die sich nur ein rechtmäßig bestellter Geschäftsführer berufen kann.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um einen befristet eingesetzten Président einer SAS. Erst einige Monate nach dem Ablauf der Befristung fasste die Gesellschafterversammlung der SAS einen Beschluss, wonach das Mandat des Président nicht verlängert werden sollte. Im Zeitraum zwischen dem Ablauf der Befristung und dem ausdrücklichen Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Nichtverlängerung hat der Président sein Amt weiterhin ausgeübt.
Der französische Kassationsgerichtshof entschied, dass der Président im Zeitpunkt dieses Beschlusses faktischer Geschäftsführer war. Aus diesem Grund wurde seine Klage (gegen die SAS) auf Schadensersatz wegen rechtswidriger Abberufung (da: ohne Nachweis eines schwerwiegenden Grundes) abgewiesen, obwohl die Satzung der SAS ausdrücklich bestimmte, dass die SAS im Falle einer Abberufung ohne einen solchen schwerwiegenden Grund gegenüber dem abberufenen Président schadensersatzpflichtig wird.
Der Kassationsgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass sich der Président als faktischer Geschäftsführer nicht mehr auf die Bestimmungen der Satzung berufen durfte. Und zu diesen Bestimmungen der Satzung zählte auch jene, die ihm bei einer Abberufung ohne hinreichenden sachlichen Grund einen Schadensersatz gewährte.
Praxistipp:
Um eventuelle Streitigkeiten zu vermeiden, sollte bei der befristeten Bestellung des Président einer SAS darauf geachtet werden, dass eine stillschweigende Weiterausübung des Amtes durch den Président durch einen ausdrücklichen Gesellschafterbeschluss vermieden wird.
Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere deutsch-französischen Rechtsanwälte selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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