Beschlussfassung der Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (SARL) in Frankreich: einige praxisrelevante Details
In einem Urteil Nr. 19-12.057 vom 31. März 2021 hat der französische Kassationsgerichtshof (Cour de cassation; entspricht dem deutschen Bundesgerichtshof) sich zu folgenden drei Themen geäußert, die für Gesellschaften mit beschränkter Haftung in Frankreich (société à responsabilité limitée – SARL) praxisrelevant sind, insbesondere dann, wenn die SARL nur zwei Gesellschafter hat, wovon einer mehr als 50 % der Anteile hält:
1. Zur Abberufung des Geschäftsführers einer SARL
Gemäß Artikel L. 223-25 des französischen Handelsgesetzbuches (Code de commerce) i.V. mit Artikel L. 223-29 des französischen Handelsgesetzbuches kann des Geschäftsführers (gérant) einer SARL durch Beschluss von einem oder mehreren Gesellschaftern, die mehr als 50 % der Anteile halten, erfolgen.
Im vorliegenden Fall sah der Gesellschaftervertrag der SARL einen Beschluss derGesellschafter (also im Plural) vor. Da die Abberufung nur von einem einzigen Gesellschafter beschlossen wurde, welcher 51 % der Anteile hielt, hat der abberufene Geschäftsführer versucht, den Beschluss anzufechten, da er der Meinung war, dass aufgrund der Formulierung im Gesellschaftsvertrag mehrere Gesellschafter hätten zustimmen müssen.
Der Kassationsgerichtshof ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat die herrschende Rechtsprechung bekräftigt, der zufolge einer Abberufung auch dann rechtmäßig beschlossen werden kann, wenn nur ein einziger Gesellschafter, der die erforderliche Anteilsmehrheit hat, dafür stimmt.
2. Zur Festlegung der Vergütung des Geschäftsführers einer SARL
Die Vergütung des Geschäftsführers einer SARL wird grundsätzlich durch Gesellschafterbeschluss festgelegt. Handelt es sich bei dem Geschäftsführer um einen Gesellschafter, kann dieser an der Abstimmung teilnehmen, auch wenn er beherrschender Gesellschafter ist.
In seinem eingangs genannten Urteil hat der Kassationsgerichtshof entschieden, dass dieses Prinzip, wonach der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer über seine Vergütung mitbestimmt, auch für eine eventuelle variable Vergütung gilt.
Minderheitsgesellschafter können den entsprechenden Beschluss anfechten, wenn sie einen Stimmrechtsmissbrauch seitens des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nachweisen können. Hierfür muss dargelegt werden, dass der Beschluss entgegen dem gesellschaftlichen Interesse und zu dem alleinigen Zweck gefasst worden ist, die Mehrheit zum Nachteil der Minderheit zu begünstigen oder ein Missbrauch von Unternehmensvermögen vorliegt.
3. Zur Festlegung des Ortes einer Gesellschafterversammlung
Die Vergütung des Geschäftsführers einer SARL wird grundsätzlich durch
Da es keine diesbezügliche gesetzliche Bestimmung gibt, muss im Gesellschaftervertrag der SARL geregelt werden, an welchem Ort eine Gesellschafterversammlung stattfindet.
Enthält auch der Gesellschaftervertrag keine diesbezügliche Bestimmung, kann der Autor der Ladung zur Gesellschafterversammlung frei bestimmen, wo diese abgehalten werden soll.
Dieses Prinzip hat der Kassationsgerichtshof erstmalig in seinem eingangs erwähnten Urteil ausdrücklich festgestellt.
So konnte im vorliegenden Fall der geschäftsführende Mehrheitsgeschäftsführer den Versammlungsort frei festlegen.
Diese Festlegung kann nur bestritten werden, wenn es sich um einen Fall des Rechtsmissbrauches handelt.
Praxistipp:
Obwohl das Gesetz bezüglich einer SARL und im Gegensatz zu sonstigen Gesellschaftsformen in Frankreich vieles regelt, besteht doch die Möglichkeit und teilweise die Notwendigkeit, gewisse Dinge im Gesellschaftervertrag zu regeln. Deshalb sollte dieser immer von Fachleuten erstellt und der Rückgriff auf Musterverträge aus dem Internet vermieden werden.
Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere deutsch-französischen Rechtsanwälte selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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