Corona-Krise in Frankreich: Lockerung der Regelungen für kollegiale Leitungsorgane und potenziell auch für Hauptversammlungen
Das französische Gesetz vom 22. Januar 2022 zur Stärkung der Mittel zur Bewältigung der Gesundheitskrise macht den Weg für zwei Maßnahmen frei, die die Art und Weise, wie kollegiale Führungsorgane und Versammlungen der Gesellschafter von juristischer Personen zusammenkommen und beraten können, erleichtern sollen.
Mit diesen neuen Rechtsvorschriften sollen die zu Beginn der Gesundheitskrise nur vorübergehend eingeführten Bestimmungen in sehr ähnlicher Weise dauerhaft gesetzlich verankert werden.
Das Gesetz enthält eine Ermächtigung, welche es der Regierung ermöglicht, Bestimmungen zur Vereinfachung und Anpassung der Regelungen betreffend die Funktionsweise von Gesellschafterversammlungen und kollegialen Leitungsorganen juristischer Personen per Verordnung (sog. ordonnance) zu erlassen (1), sowie eine direkt – ohne Verordnung– anwendbare Maßnahme, die die Art und Weise betrifft, wie kollegiale Verwaltungs-, Aufsichts- oder Leitungsorgane zusammentreten und Beschlüsse fassen (2).
1. Regelungen betreffend die Funktionsweise von Gesellschafterversammlungen und kollegialen Führungsorganen
Das Gesetz ermächtigt die Regierung, innerhalb von drei Monaten ab dem
23. Januar 2022 per Verordnung jegliche Maßnahmen zur Vereinfachung und Anpassung:
- der Bedingungen, unter denen Versammlungen und kollegiale Führungsgremien zusammentreten und beraten;
- der Regelungen für Hauptversammlungen
zu ergreifen.
Nun hat das französische Wirtschaftsministerium am 14. Februar 2022 verlauten lassen, dass die Regierung angesichts der Entwicklung der Gesundheitskrise derzeit nicht vorhat, eine solche Verordnung für die Vereinfachung von Gesellschafterversammlungen zu erlassen. Gesellschafterversammlungen im Jahr 2022 müssen deshalb in physischer Form abgehalten werden (es sei denn, die Satzung der betreffenden Gesellschaft erlaubt eine andere Form).
2. Versammlungs- und Beschlussfassungsmodalitäten der kollegialen Verwaltungs-, Aufsichts- oder Leitungsorgane
Seit dem 23. Januar 2022 und bis einschließlich 31. Juli 2022 gelten in Frankreich bei Sitzungen der Kollegialorgane (insbesondere Verwaltungsrat, Aufsichtsrat oder Vorstand einer klassischen französischen Aktiengesellschaft) diejenigen Mitglieder als anwesend, welche mittels einer Telefon- oder audiovisuellen Konferenz daran teilnehmen. Diese Lockerung gilt, sofern das verwendete Teilnahmemedium die Identifizierung der Mitglieder ermöglicht und ihre tatsächliche Teilnahme gewährleistet. Mindestvoraussetzung ist, dass die Tonübertragung der Teilnehmer erfolgt und dass die technischen Merkmale erfüllt sind, um eine kontinuierliche und zeitgleiche Übertragung der Beratungen zu ermöglichen.
Darüber hinaus können Beschlüsse derselben Kollegialorgane auch durch schriftliche Stimmabgabe ihrer Mitglieder gefasst werden, insofern diese die Kollegialität der Beratung gewährleistet.
Diese beiden Maßnahmen sind anwendbar, auch wenn sie nicht ausdrücklich durch eine Klausel in der Satzung oder in der Geschäftsordnung der juristischen Person festgelegt sind und auch wenn eine solche dagegensprechen sollte. Sie gelten außerdem unabhängig vom Gegenstand des Beschlusses, den das Organ zu fassen hat.
Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere deutsch-französischen Rechtsanwälte selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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