Gerichtsverfahren in Frankreich – Die Handelsgerichte
1. Gerichte in Handelssachen in Frankreich (außerhalb der Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle)
Das französische Tribunal de commerce ist vergleichbar mit einer Handelskammer an einem deutschen Landgericht. Als Richter sind in Frankreich (außerhalb der oben genannten Départements) Kaufleute tätig, die in aller Regel Laienrichter sind.
Das Handelsgericht ist ein erstinstanzliches Gericht, welches für sämtliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Kaufleuten und/ oder Handelsgesellschaften zuständig ist.
Berufung gegen Urteile des Handelsgerichts kann vor der Cour d’appel (Berufungsgericht), Revision vor der Cour de Cassation (französischer Kassationsgerichtshof in Paris; funktionell etwa vergleichbar mit dem deutschen Bundesgerichtshof) eingelegt werden.
Für weitere Information zu den Gerichten in Frankreich kann der Artikel „Gerichtsbarkeiten in Frankreich“ herangezogen werden.
2. Besonderheiten der Handelsgerichte in den französischen Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle
Die grundsätzliche Besonderheit in den Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle besteht darin, dass dort ein sogenanntes Tribunal de commerce (Handelsgericht) nicht existiert. Stattdessen werden Rechtsstreitigkeiten unter Kaufleuten und/ oder Handelsgesellschaften, also handelsrechtliche Rechtsstreitigkeiten, entweder vor dem örtlichen Tribunal d’Instance (Amtsgericht) oder vor der (nur in diesen Departements existierenden) Handelskammer des Tribunal de Grande Instance (Landgericht) geführt.
3. Wann kann man vor dem Amtsgericht in Frankreich (Tribunal d’Instance) in den Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle in Handelssachen klagen?
Das Tribunal d’Instance (Amtsgericht) ist ausschließlich für Angelegenheiten mit einem Streitwert von unter 10.000 Euro zuständig. Dies gilt auch für handelsrechtliche Streitigkeiten.
Außerdem führen die Geschäftsstellen der Tribunaux d’Instance (Amtsgerichte) anhand der Grundbuchämter in den Einzugsbereichen der Tribunaux de Grande Instance (Landgerichte) das Handels- und Gesellschaftsregister (RCS: Registre du Commerce et des Sociétés).
4. Wann kann man vor dem Landgericht in Frankreich (Tribunal de Grande Instance) in den Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle in Handelssachen klagen?
Das Tribunal de Grande Instance (TGI) verfügt in den französischen Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle über eine eigene Kammer für Handelssachen. Allerdings ist diese erst ab einem Streitwert von 10.000 Euro zuständig.
Die Kammer für Handelssachen setzt sich aus einem Berufsrichter (in der Regel der Vizepräsident des TGI) und zwei ehrenamtlichen Handelsrichtern zusammen.
5. Gerichtsprozess in Frankreich – Vertretung der Parteien (Anwalt in Frankreich)
Da es sich beim Handelsgericht in den französischen Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle um eine Kammer des Tribunal de Grande Instance (Landgericht) handelt, besteht für die Parteien dort, ähnlich wie vor den Landgerichten in Deutschland, Anwaltspflicht.
Allerdings ist bei einem Prozess vor dem TGI eine Zulassung des Anwalts in der örtlichen Rechtsanwaltskammer (Barreau des Avocats) erforderlich. Wenn ein Anwalt folglich bei einer anderen Anwaltskammer als der des zuständigen TGI zugelassen ist, muss er einen sogenannten Postulationsanwalt (avocat postulant) beauftragen, welcher an seiner Stelle den Prozess vor dem zuständigen TGI führt.
Die Besonderheit in den Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle besteht hierbei darin, dass alle Anwälte, unabhängig von ihrer örtlichen Anwaltszulassung, vor der Handelskammer eines jeden TGI auftreten dürfen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Regelung ausschließlich die Handelskammern bei den TGI betrifft; für alle anderen Abteilungen der TGI gilt diese flexible Regelung nicht.