Gesetzliche Änderung der Informationspflicht gegenüber Arbeitnehmern im Rahmen des Verkaufs eines frz. kleinen oder mittleren Unternehmens (PME)
In 2014 informierten wir Sie über eine durch das sogenannte „Hamon-Gesetz“ eingeführte neue Verpflichtung, die Arbeitnehmer einer PME (französische KMU; kleine und mittlere Unternehmen – petites et moyennes entreprises) über jedes Vorhaben zum Verkauf des Unternehmens zu informieren, und zwar durch jedwedes Mittel, das die Feststellung des Datums des Zugangs der Information beim Arbeitnehmer ermöglicht. Aufgrund dieser Information soll den Arbeitnehmern des zu veräußernden Unternehmens die realistische Möglichkeit eingeräumt werden, selbst ein Übernahmeangebot abzugeben.
Die vorgenannte Informationspflicht gilt für Handelsgesellschaften, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen
- und die ihren Geschäftsbetrieb verkaufen oder
- bei denen der bzw. die Gesellschafter mehr als 50 % der Anteile an einer SARL (Société à responsabilité limitée; Gesellschaft mit beschränkter Haftung französischen Rechts) oder eine solche Anzahl an Aktien bzw. Wertpapieren, die die Mehrheit des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft darstellt, verkaufen.
Diese Informationspflicht wurde durch das sog. „Macron-Gesetz“ aus dem Monat August 2015 im Kern in folgenden vier Punkten gelockert.
1. Zunächst wurden Schenkungen und Tauschgeschäfte (hinsichtlich Geschäftsbetrieb bzw. Anteilen) aus dem Anwendungsbereich der Informationspflicht herausgenommen. Somit
besteht die Informationspflicht tatsächlich nur bei solchen Veräußerungen, die den Verkauf eines Geschäftsbetriebs, den Verkauf von Anteilen an einer SARL oder den Verkauf von Aktien bzw. Wertpapieren einer Aktiengesellschaft betreffen.
Folglich ist nunmehr bei einer Schenkung oder einem Tauschgeschäft die vorherige Information der Arbeitnehmer nicht mehr erforderlich.
2. Falls die Information der Arbeitnehmer per Einschreiben mit Rückschein erfolgt, gilt der Arbeitnehmer nunmehr am Tag des ersten Zustellungsversuchs des Einschreibens als über das Veräußerungsprojekt informiert, und nicht mehr erst am Tag der tatsächlichen Zustellung des Informationsschreibens.
Folglich ist es nicht mehr relevant, ob der Arbeitnehmer bei der Zustellung des Informationsschreibens am Zustellort (meist: sein Wohnsitz) anwesend ist oder nicht. Auch im Falle seiner Abwesenheit gilt er bereits mit dem ersten Zustellungsversuch als über das Veräußerungsprojekt informiert.
3. Die gesetzliche Mindestwartefrist von 2 Monaten, die ab der Information sämtlicher Arbeitnehmer zu laufen beginnt, bleibt für Gesellschaften, die nicht zur Errichtung eines Betriebsrats (comité d’entreprise) verpflichtet sind, im Rahmen des Verkaufs des Unternehmens weiter bestehen. Sie beginnt auch weiterhin am Tag der Information der Arbeitnehmer zu laufen.
Zur Information: Eine Gesellschaft ist erst dann zur Einrichtung eines Betriebsrates verpflichtet, wenn sie mindestens 50 Arbeitnehmer während eines Zeitraums von 12 Monaten (aufeinanderfolgend oder nicht) innerhalb von 3 Jahren beschäftigt hat.
Jedoch ist die Wartefrist nach der Neuregelung nicht mehr eine Frist vor der Durchführung (= Übertragung der Eigentumsrechte an dem verkauften Gegenstand) des Vertrages, sondern eine Frist vor der Unterzeichnung des Vertrages.
Beispiel:
Wenn sämtliche Arbeitnehmer einer zu verkaufenden PME am 1. Januar eines Jahres über den geplanten Verkauf des Unternehmens informiert wurden, ist es (nach der Neuregelung) nicht mehr möglich, den Unternehmenskaufvertrag am selben Tag (also an vorgenanntem 1. Januar) zu unterzeichnen und im Kaufvertrag eine Übernahme (= Inkrafttreten der Übertragung der Eigentumsrechte) für den 1. März zu vereinbaren. Vielmehr darf die Unterzeichnung des Kaufvertrages frühestens 2 Monate nach der Information der Arbeitnehmer erfolgen. Die Übernahme kann dann auf einen beliebigen Zeitpunkt, der nach der Unterzeichnung des Kaufvertrages liegt, vereinbart werden.
4. Abschließend ist anzumerken, dass seit dem 1. Januar 2016 die für den Fall der Nichterfüllung der vorherigen Informationspflicht vorgesehene Sanktion seitens des Gesetzgebers etwas abgemildert wurde. Der Verkauf gilt nun nicht mehr als aufgrund des Verstoßes gegen die Informationspflicht nichtig und unwirksam. Diese Sanktion (= Nichtigerklärung des Vertrages) wurde bereits vom französischen Verfassungsgericht (Conseil constitutionnel) im Juli 2015 für verfassungswidrig erklärt. Der Verkäufer kann nunmehr zur Zahlung einer Ordnungsstrafe von bis zu 2 % des Übernahmepreises verurteilt werden.
Die neue Version der Informationspflicht der Arbeitnehmer ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten (Verordnung vom 28. Dezember 2015, Nr. 2015-1811).
Für eine Erläuterung der daraus folgenden Pflichten sowie bei Rückfragen hierzu stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Auch unterstützen wir Sie gerne im Rahmen der Durchführung Ihres Veräußerungsvorhabens.