Gewährleistungsrechte in Frankreich: Anpassung der AGB erforderlich!
Während des Jahres 2022 wurde das Verbraucherrecht in Frankreich mehrfach geändert. Dies kann eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Frankreich erforderlich machen.
Hintergrund sind folgende europäische Regelungen zur Stärkung des Verbraucherschutzes, die im Jahr 2022 in den EU-Mitgliedsstaaten umzusetzen waren:
- EU-Richtlinie Nr. 2019/2161 vom 27. November 2019 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften, sog. „Omnibus“-Richtlinie,
- EU-Richtlinie Nr. 2019/770 vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen,
- EU-Richtlinie Nr. 2019/771 vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs.
Die Anpassung der Gewährleistungsrechte der Verbraucher an die EU-Vorgaben erfolgte in Frankreich durch die frz. Verordnung vom 29. September 2021 (Verordnung Nr. 2021/1247 betreffend Gewährleistungsrechte bei Waren, digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen).
Diese Verordnung gilt für Verträge, die ab dem 1. Januar 2022 zwischen einem Händler und einem Verbraucher geschlossen wurden bzw. werden.
Die neuen Bestimmungen wurden nun durch das frz. Dekret vom 29. Juni 2022, welchesam 1. Oktober 2022 in Kraft getreten ist, näher präzisiert (Dekret Nr. 2022/946 betreffend die Gewährleistungsrechte bei Waren, digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen).
Dieses Dekret legt genau fest, welche vorvertraglichen Informationen dem Verbraucher hinsichtlich der gesetzlichen Gewährleistungsrechte zur Verfügung gestellt werden müssen.
Außerdem wurden durch das Dekret die Anforderungen an Hersteller- bzw. Händlergarantien in Frankreichmodifiziert.
Die neuen gesetzlichen Regelungen erfordern eine Anpassung der allgemeinen Geschäftsbedingungen, die im Frankreichgeschäft verwendet werden.
Wie die allgemeinen Geschäftsbedingungen konkret an die neue Gesetzeslage in Frankreich anzupassen sind, erklären wir nachfolgend:
1. Gesetzliche Gewährleistungsrechte: Welche vorvertraglichen Informationen müssen dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden?
Artikel L. 111-1 des französischen Verbrauchergesetzbuchs bestimmt, welche Informationen dem Verbraucher vor Vertragsschluss mitgeteilt werden müssen. Nähere Informationen zu den allgemein Informationspflichten des Händlers finden Sie hier.
Die Informationen zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten müssen optisch hervorgehoben in einem Kasten erscheinen
Hierzu gehört insbesondere die Information des Verbrauchers über seine gesetzlichen Gewährleistungsrechte.
Das Dekret vom 29. Juni 2022 legt nunmehr genau fest, welche Informationen den Verbrauchern in Bezug auf die Gewährleistungsrechte zur Verfügung gestellt werden müssen und in welcher Form dies zu geschehen hat:
- In den AGB müssen erwähnt werden:
- Name des Unternehmers, der die Gewährleistung schuldet,
- dessen Anschrift, Telefonnummer, E-Mailadresse oder jedwedes andere digitale Kommunikationsmittel, über welches der Verbraucher seine Rechte geltend machen kann.
- Es muss über den Inhalt der Gewährleistungsrechte informiert werden.
Das französische Gewährleistungsrecht regelt folgende Rechte bzw. Ansprüche des Verbrauchers:- Ansprüche aus der gesetzlichen Beschaffenheitsgarantie
(=garantie légale de conformité) gemäß Artikel L. 217-1 und L. 224-25-12 ff. des frz. Verbrauchergesetzbuchs, - gesetzliche Sachmangelansprüche (für sogenannte „versteckte Mängel“, garantie des vices cachés) gemäß Artikeln 1641 bis 1649 des frz. Zivilgesetzbuchs.
- Ansprüche aus der gesetzlichen Beschaffenheitsgarantie
- Innerhalb der AGB müssen die Informationen zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten und insbesondere zu den praktischen Modalitäten ihrer Ausübung optisch hervorgehoben in einem Kästchen dargestellt werden.
- Im französischen Verbrauchergesetzbuch wird hierfür ein Muster zur Verfügung gestellt (Artikel D. 211-2 und D. 211-3 des französischen Verbrauchergesetzbuchs).
Informationen zu der vom Verbraucher zu erbringenden Gegenleistung
Beim Verbraucherschutz in Frankreich wurde eine neue Informationspflicht für solche Vertragsverhältnisse eingeführt, bei denen kein Preis im klassischen Sinne vereinbart ist.
Artikel L. 112-4-1 des französischen Verbrauchergesetzbuches bestimmt hierzu Folgendes:
« Lorsque le contrat de vente de biens ou le contrat de fourniture de contenus numériques ou de services numériques ne prévoit pas le paiement d'un prix, le professionnel précise la nature de l'avantage procuré par le consommateur (…) »
[Deutsche Übersetzung der Vorschrift:]
„Falls ein Vertrag über den Verkauf von Waren oder der Vertrag über eine Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen nicht die Zahlung eines Preises bestimmt, gibt der Gewerbetreibende die Art des Vorteils an, den der Verbraucher ihm gewährt.“
Es handelt sich dabei konkret meist um online abzuschließende Verträge, bei denen beim Verbraucher der Anschein erweckt wird, dass der Vertrag kostenlos sei, da kein „Preis“ ausdrücklich genannt wird, in Wirklichkeit aber ein entgeltlicher Vertrag geschlossen wird.
Beispiel
Ein Internetnutzer darf die Dienste eines sozialen Online-Netzwerks nur deshalb nutzen, weil er im Gegenzug seine Daten übermittelt und zur Verfügung stellt.
In diesem Zusammenhang stellt das frz. Dekret vom 29. Juni 2022 insbesondere klar, dass der Unternehmer den Vorteil, der ihm anstelle der Zahlung eines Preises zufließt, explizit und in klarer und verständlicher Form in den allgemeinen Geschäftsbedingungen darlegen muss.
2. Pflichtangaben hinsichtlich vertraglich eingeräumter Garantien
Händler oder Hersteller können dem Verbraucher vertraglich zusätzliche Garantien anbieten.
Diese treten zusätzlich zu den gesetzlichen Gewährleistungspflichten hinzu.
Auch in Bezug auf solche vertraglichen Garantien gibt es in Frankreich Neuerungen.
Das Dekret vom 29. Juni 2022 bestimmt, welche Informationen hinsichtlich einer solchen Garantie dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden müssen, nämlich:
Die Garantieerklärung muss optisch in Kästchenform hervorgehoben eine Information aufführen, aus der hervorgeht, dass die gesetzlichen Gewährleistungsrechte stets Anwendung finden. Auch der Text der einschlägigen Gesetzesartikel muss hier als Zitat wiedergegeben werden.
3. Sanktionen bei Missachtung dieser Pflichtangaben in den AGB
Wird der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über seine Gewährleistungsrechte informiert, kann das zu erheblichen Geldbußen gegen das Unternehmen führen.
Seit dem 1. Januar 2022 ist in Artikel L. 241-5 des französischen Verbrauchergesetzbuchs bestimmt, dass gegen das Unternehmen eine Geldstrafe bis zu 300.000 € verhängt werden kann, zusätzlich zu etwaigen Schadensersatzansprüchen des Verbrauchers, wenn die AGB nicht den Vorschriften entsprechend gestaltet sind.
Zudem bestimmt Artikel L. 241-13 des französischen Verbrauchergesetzbuchs, dass ein Verstoß gegen die bei Hersteller- und Händlergarantien geltenden Informationspflichten mit einer Geldbuße von bis zu 75.000 € geahndet werden kann.
Falls Sie als Händler in Frankreich im B-to-C-Bereich tätig sind, sollten Sie die Anforderungen des jeweils geltenden Verbraucherrechts regelmäßig in Ihre AGBs umsetzen, um hohe Geldbußen zu vermeiden.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Überprüfung Ihrer Webseite oder bei der Anpassung Ihrer AGBs an das aktuelle französische Recht.
Die Kanzlei EPP begleitet Sie rechtssicher in allen Aspekten des E-Commerce in Frankreich.
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