Insolvenzverfahren in Frankreich – Die Forderungsanmeldung: Beginn der Frist
Nach französischem Recht müssen alle Gläubiger eines Schuldners, der sich im Insolvenzverfahren befindet (unabhängig davon, ob es sich um ein Erhaltungs-, Sanierungs- oder Liquidationsverfahren handelt), ihre Forderungen, die vor dem Eröffnungsurteil entstanden sind, innerhalb von zwei Monaten ab der Veröffentlichung des Eröffnungsurteils im BODACC beim Insolvenzverwalter (mandataire judiciaire/liquidateur judiciaire) anmelden. Diese Frist für die Durchsetzung der Forderung in Frankreich wird für Gläubiger, die im Ausland ansässig sind, um zwei Monate verlängert (Artikel R. 622-24 des französischen Handelsgesetzbuchs).
In einer Entscheidung vom 7. Februar 2024 (Nr. 22-21.052) urteilte das französische Kassationsgericht darüber, wann genau diese Ausschlussfrist beginnt.
Im zugrundeliegenden Fall hatte die Association Professionnelle de Solidarité du Tourisme (APST), ein Unternehmen zur Übernahme von Zahlungsausfallrisiken, einer Gesellschaft (Reisebüro) eine finanzielle Absicherung für Zahlungsausfälle gewährt. Diese Absicherung war für deren Eintragung ins Register der Reiseveranstalter erforderlich.
Über die betreffende Gesellschaft (Reisebüro) war durch ein am 8. Dezember 2009 im BODACC veröffentlichtes Eröffnungsurteil ein Insolvenzverfahren in Form der procédure de sauvegarde (Erhaltungsverfahren) eröffnet worden, damit es von gerichtlichen Schutzmaßnahmen profitieren konnte. Später wurde dieses Verfahren in ein insolvenzrechtliches Liquidationsverfahren (liquidation judiciaire) überführt.
APST hatte ihre Forderung am 24. Februar 2020 zur Insolvenztabelle des schuldnerischen Reisebüros in Frankreich angemeldet.
APST wurde im Verfahren die Verspätung dieser Forderungsanmeldung entgegengehalten und die Anmeldung der Forderung somit abgelehnt.
APST verklagte daraufhin die Gesellschaft und den Insolvenzverwalter vor dem zuständigen Gericht in Frankreich, um die Anerkennung der Forderung zu erwirken, mit der Begründung, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in der Ausgestaltung eines Erhaltungsverfahrens keinen Fall der Zahlungsunfähigkeit darstellte, der die Inanspruchnahme der finanziellen Versicherungsleistung von APST rechtfertigte und dass die Forderung von APST gegen das Reisebüro erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme der Versicherungsleistung zugunsten der geschädigten Kunden entstand und nicht bereits an dem Tag, an dem das Versicherungsversprechen gegenüber dem Kunden des Reisebüros eingegangen bzw. abgegeben wurde.
Das Berufungsgericht hatte den Antrag der APST auf Zulassung der Forderung abgewiesen.
Die von der APST hiergegen eingelegte Revision wurde vom französischen Kassationsgericht, das auf die Pflicht der Gläubiger hinwies, ihre Forderungen gemäß Artikel L. 622-24 Absatz 1 des französischen Handelsgesetzbuchs (Code de commerce) anzumelden, ebenfalls abgewiesen. Das Kassationsgericht unterstrich damit den Grundsatz, dass bei einer Insolvenz in Frankreich grundsätzlich alle Gläubiger, deren Forderungen vor dem Eröffnungsbeschluss entstanden sind, diese Forderungen binnen der gesetzlichen Frist (ab der Veröffentlichung des Eröffnungsbeschlusses) beim zuständigen Insolvenzverwalter anmelden müssen.
Das Kassationsgericht bekräftigte somit, dass die Forderung aus einem Vertrag, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossenen wurde, unabhängig von der Fälligkeit der Forderung, innerhalb von zwei Monaten (nach der Veröffentlichung des Insolvenzeröffnungs-Urteils im BODACC) angemeldet werden musste. Somit war der Ausschluss der der Forderung rechtmäßig.
Für Fragen oder weitere Informationen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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