Neues Gewährleistungsrecht bei Sachmängeln in Frankreich
In Frankreich gelten neue Regeln bei der Sachmangelhaftung beim Verbrauchsgüterkauf, also beim Verkauf von Waren durch ein Unternehmen an einen Verbraucher.
Beim Verbrauchsgüterkauf gilt grundsätzlich, dass der Händler dem Käufer (Verbraucher) die Vertragsmäßigkeit der Ware garantiert. Falls sich nach Vertragsschluss herausstellt, dass die Ware mangelhaft war, so haftet der Verkäufer dafür. Der Verbraucher kann dann die Reparatur oder den Austausch (Neulieferung) der mangelhaften Ware verlangen.
Dieses Gewährleistungsrecht in Frankreich („garantie légale de conformité“) ist zwingend, das heißt der Verkäufer kann es nicht vertraglich ausschließen.
Mit den EU-Richtlinien 2019/770 und 2019/771 zum Warenkauf und zu digitalen Inhalten wurde das Gewährleistungsrecht europaweit an das digitale Zeitalter angepasst.
Es ist nun ausdrücklich geregelt, dass die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers auch bei Verträgen über digitale Produkte und Waren mit digitalen Elementen gelten.
Zudem wurden die Verbraucherrechte durch neue Informationspflichten des Verkäufers gestärkt.
In Frankreich wurden diese beiden europäischen Richtlinien per Verordnung vom 29.09.2021 in nationales Recht umgesetzt.
Die daraus folgenden Neuerungen im französischen Verbraucherrecht möchten wir Ihnen nachfolgend kurz darstellen.
Übersicht über wichtige Neuregelungen im Verbrauchsgüterkauf
Im französischen Verbrauchergesetzbuch („code de la consommation“) wird nun unterschieden zwischen
- Verträgen über den Verkauf von (analogen) Waren und Waren mit digitalen Elementen (Artikel L. 217-32 ff. des französischen Verbrauchergesetzbuchs) und
- Verträgen über die Bereitstellung von digitalen Produkten (Artikel L. 224-25-12 ff. des französischen Verbrauchergesetzbuchs).
Unter den Begriff „digitale Produkte“ fallen digitale Inhalte, wie beispielsweise Software oder eBooks sowie digitale Dienstleistungen wie beispielsweise Videostreamings oder soziale Netzwerke.
Unter den Begriff „Waren mit digitalen Elementen“ fallen körperliche Waren, die einen digitalen Inhalt oder eine digitale Dienstleistung in sich beinhalten und derart damit verbunden sind, dass sie ohne dieses digitale Element nicht funktionsfähig wären. Dies ist z. B. bei einem Saugroboter der Fall: Dabei ist der Staubsauger (= Ware) derart mit der Software (= digitales Element) verbunden, dass er ohne diese Software nicht bestimmungsgemäß funktionieren würde.
In der Praxis haben Verbraucher in beiden Fällen die gleichen Rechte, d. h. der Verbraucher kann zunächst die Reparatur oder den Ersatz der Ware oder unter Umständen eine Kaufpreisminderung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.
Die Dauer der Gewährleistung beträgt weiterhin zwei Jahre ab Lieferung der Ware bzw. ab Bereitstellung des Dienstes.
Diese Gewährleistungsfrist kann sich jedoch verlängern:
Seit dem 1. Januar 2022 gilt, dass sich die Gewährleistungsfrist für Waren, die repariert worden sind, um 6 Monate verlängert. Und falls eine mangelhafte Ware durch ein neues Produkt ersetzt wird (Neulieferung), beginnt ab der Bereitstellung der Ersatzware eine neue Gewährleistungsfrist von 24 Monaten zu laufen.
Eine weitere Neuerung ist, dass im französischen Verbrauchergesetzbuch der Begriff des Sachmangels für die neu eingeführte Kategorie der Verträge über digitale Produkte nun gesetzlich definiert wird.
Ferner wurde für Verträge über Waren mit digitalen Elementen die Aktualisierungspflicht des Verkäufers neu eingeführt: Der Verkäufer muss den Verbraucher über Aktualisierungen informieren und diese bereitstellen, ansonsten kann er sich haftbar machen.
Neu ist schließlich, dass bei Gebrauchtwaren gesetzlich vermutet wird, dass der Mangel bereits bei Lieferung der Ware vorlag, wenn er innerhalb von 12 Monaten nach der Lieferung auftritt. Bisher galt dies nur während der ersten 6 Monate nach der Lieferung. Konkret bewirkt diese Vermutung, dass der Verkäufer die Beweislast dafür trägt, dass der Mangel erst nach Abschluss des Kaufvertrages entstanden ist. Sind bereits 12 Monate seit der Lieferung der mangelhaften Gebrauchtware vergangen, muss der Käufer beweisen, dass der Mangel bereits beim Kauf vorlag.
Informationspflichten des Händlers
Im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs muss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers ausdrücklich auf das Bestehen der Gewährleistungsrechte und auf die Modalitäten ihrer Geltendmachung hingewiesen werden.
Es handelt sich dabei um eine vorvertragliche Informationspflicht des Verkäufers.
Seit dem 1. Januar 2022 wurde diese Informationspflicht dahingehend verstärkt, dass nunmehr auch auf der Rechnung des Verkäufers auf das Bestehen und auf die Dauer der gesetzlichen Gewährleistungsrechte hingewiesen werden muss.
Von dieser neuen Informationspflicht sind nur bestimmte, gesetzlich festgelegte Produkte betroffen (insbesondere: Elektrogeräte).
Ziel dieser Maßnahme ist es, den Verbraucher besser über seine gesetzlichen Rechte zu informieren, so dass diese nicht mit anderen vertraglichen Garantien, die der Verkäufer oft zusätzlich kostenpflichtig anbietet, verwechselt werden.
Die Nichtbeachtung dieser neuen Vorschriften kann mit einer Geldbuße von bis zu 3.000 € für eine natürliche Person und von bis zu 15.000 € für Unternehmen (juristische Personen) geahndet werden.
Zu beachten ist, dass am 28. Mai 2022 weitere Änderungen in Kraft treten werden, insbesondere zum Online-Handel in Frankreich. Hierzu gehört unter anderem die Anhebung der Geldbußen bei Verstößen gegen das Verbraucherschutzrecht.
Konkreter Handlungsbedarf für betroffene Händler
Die Neuregelungen gelten für sämtliche Verbrauchsgüterkaufverträge, die ab dem 1. Januar 2022 abgeschlossen werden.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sollten daher vor dem Hintergrund dieser Neuregelungen unbedingt überprüft und angepasst werden, bestehende Kaufverträge sollten ebenfalls aktualisiert werden.
Wir können Sie hierbei unterstützen und stehen Ihnen auch für weitere Informationen gerne zur Verfügung.
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