Coronavirus: Französisches Arbeitsrecht (Urlaub, Ruhetage, Kurzarbeit)
Das Notstandsgesetz vom 23. März 2020 zur Eindämmung der Covid-19 Epidemie, das am 24. März 2020 im „Journal officiel“ (offizielles staatliches Amtsblatt) veröffentlicht wurde, ermächtigt die französische Regierung Verordnungen zu erlassen, um die Regelungen des französischen Arbeitsrechts zu lockern und somit den Unternehmen zu ermöglichen, sich in dieser gesundheitlichen und wirtschaftlichen Krise zu behaupten.
Drei Verordnungen wurden am 25. März 2020 im Arbeitsrecht verabschiedet. Kurz darauf trat am 26. März 2020 ein Dekret zur Kurzarbeit in Kraft. Die Verordnung vom 27. März 2020, die den Anwendungsbereich der Unternehmen, die Kurzarbeit beantragen können, erweitert, ist am 28. März 2020 in Kraft getreten.
Sie finden nachfolgend die wichtigsten Maßnahmen, die für Sie von Interesse sein könnten, um sich dieser noch nie dagewesenen Krise zu stellen.
I. Sofortmaßnahmen bzgl. Urlaub, Arbeitszeiten und Ruhetage
- Der Arbeitgeber darf, im Rahmen von höchstens sechs Urlaubstagen und unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von mindestens einem vollen Tag, seinem Arbeitnehmer vorschreiben, wann dieser seine Urlaubstage zu nehmen hat. Diese Maßnahme kann nur umgesetzt werden, wenn eine branchenbezogene Vereinbarung (d.h. zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt) oder eine Betriebsvereinbarung dies vorsieht. Dadurch wird die Umsetzung einer solchen Maßnahme in der Praxis erheblich eingeschränkt.
- Wenn die Interessen des Unternehmens es angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus rechtfertigen, kann der Arbeitgeber unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von einem vollen Tag folgendes bzgl. der RTT-Tage entscheiden:
- Er kann festlegen, wann die Arbeitnehmer ihre Ruhetage nehmen dürfen.
- Er kann einseitig den Zeitraum, in dem ein Arbeitnehmer seine Ruhetage nehmen wollte, ändern.
Beide Maßnahmen beziehen sich auf höchstens 10 Ruhetage. Der Zeitraum, in dem der Arbeitgeber Ruhetage vorschreiben oder verschieben kann, ist auf den 31. Dezember 2020 begrenzt. - Der Arbeitgeber kann, unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von einem vollen Tag, den Arbeitnehmer verpflichten, gutgeschriebene Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto als Ruhetage in einem vom Arbeitgeber bestimmten Zeitraum zu nehmen. Die Anzahl der betroffenen Tage beschränkt sich dabei auf maximal 10.
- Für Unternehmen, die für die Sicherheit der Nation und zum Fortbestand des wirtschaftlichen und sozialen Lebens unerlässlich sind, bestehen Ausnahmen in Bezug auf Arbeitszeit, wöchentliche Ruhezeit und Sonntagsruhe:
- Die tägliche Höchstarbeitszeit kann auf 12 Stunden (anstatt 10 Std.) ausgeweitet werden.
- Die tägliche Ruhezeit kann auf 9 aufeinanderfolgende Stunden (anstatt 11 Std.) verkürzt werden.
- Die wöchentliche Höchstarbeitszeit kann auf 60 Stunden (anstatt 48 Std.) ausgeweitet werden.
- Indem die wöchentliche Ruhezeit im Wechsel genommen wird, kann zudem von der Regel der Sonntagsruhe abgewichen werden.
II. Kurzarbeit
Obwohl die Regierung die Regelungen zur Kurzarbeit gelockert hat, weist sie darauf hin, dass auf den „Mitnahmeeffekt“ zu achten ist.
Die objektiven Kriterien, die es der frz. Arbeitsaufsichtsbehörde (Direccte) erlauben, den Unternehmen Kurzarbeit zu bewilligen, wurden auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht. So können die Unternehmen selbst überprüfen, ob sie die Maßnahmen zur Kurzarbeit in Anspruch nehmen können oder nicht, und können im Falle einer Ablehnung die Gründe nachvollziehen. Das Arbeitsministerium hat ein Schema entwickelt, in dem die Zulassungskriterien zusammengefasst sind (siehe nachstehendes Dokument).
Nach der Krise werden Kontrollen durch die Behörden erfolgen, um jeglichen Missbrauch dieser Maßnahmen aufzudecken. Der Arbeitgeber hat im Falle eines Betrugs die zu Unrecht erhaltenen Beträge zurückzuerstatten.
Das Dekret vom 25. März 2020, das am 26. März 2020 in Kraft getreten ist, erläutert in Bezug auf die Kurzarbeit folgende Punkte:
- Vor Einführung der Kurzarbeit muss eine Stellungnahme des Sozial- und Wirtschaftsausschusses (CSE) eingeholt werden, sofern ein solcher existiert. Aufgrund der aktuellen Umstände kann sich dies in der Praxis als schwierig erweisen. Daher gewährt das Dekret eine Ausnahme: die Stellungnahme kann auch nach der Antragstellung auf Kurzarbeit eingeholt, muss dann aber spätestens innerhalb von zwei Monaten ab der Antragstellung den Behörden übermittelt werden.
- Ab dem Zeitpunkt der Einführung von Kurzarbeit hat der Arbeitgeber 30 Tage Zeit, um seinen Antrag zu stellen.
- Kurzarbeit kann nur für eine Dauer von maximal 12 Monaten (anstatt ursprünglich 6) bewilligt werden.
- Das vom Staat an den Arbeitgeber überwiesene Kurzarbeitergeld beläuft sich für jeden betroffenen Arbeitnehmer auf 70% des Bruttolohns, und ist begrenzt auf das maximal 4,5-fache des gesetzlichen Mindestlohns. Der Stundensatz darf nicht weniger als 8,03€ betragen. Als Erinnerung: der vorherige Stundensatz des Kurzarbeitergeldes lag zwischen 7,23€ und 7,74€, je nach Größe des Unternehmens.
Zur Erinnerung: Das Gesetz sieht vor, dass die Arbeitnehmer für jede entfallene Stunde, die unterhalb der gesetzlichen Arbeitszeit von 35 Stunden pro Woche liegt, vom Arbeitgeber eine Entschädigung erhalten. Diese entspricht 70% ihres Bruttogehalts was wiederum etwa 84% ihres Nettogehalts entspricht. Allerdings ist vorher zu prüfen, ob der Tarifvertrag nicht anderweitige vorteilhaftere Bestimmungen vorsieht.
Vorausgesetzt, dass das vom Staat an den Arbeitgeber überwiesene Kurzarbeitergeld für jeden betroffenen Arbeitnehmer 70% des Bruttogehalts entspricht und maximal das 4,5-fache des Mindestlohns beträgt, bedeutet dies, dass das Kurzarbeitergeld vollständig vom Staat übernommen wird, sofern die durch den Arbeitgeber aufrechterhaltene Vergütung nicht das 4,5-fache des Mindestlohns überschreitet. - Arbeitnehmer mit einer Jahrespauschale in Stunden oder Tagen können nicht nur bei Schließung der Niederlassung, sondern auch bei Verkürzung der Arbeitszeit in Kurzarbeit geschickt werden.
- Der Antrag auf Kurzarbeit kann seit dem 1. März 2020 gestellt werden.
- Die bisherige Frist, in der das Schweigen zum Antrag auf Kurzarbeit einer stillschweigenden Zustimmung gleichgesetzt wurde, wurde auf zwei Tage verkürzt. Dies gilt bis zum 31. Dezember 2020.
Die Verordnung Nr. 2020-346 vom 27. März 2020 zu Sofortmaßnahmen im Bereich der Kurzarbeit, die am 28. März 2020 im Journal officiel veröffentlicht wurde, erweitert die Liste der Personen, die Anspruch auf Kurzarbeit haben können.
Kurzarbeit kann nun von folgenden Personen in Anspruch genommen werden:
- Arbeitnehmer öffentlicher Unternehmen, die sich selbst gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit versichern;
- Arbeitnehmer, die von Privatpersonen zu Hause beschäftigt werden sowie Tagesmütter;
- Arbeitnehmer, die bei Unternehmen ohne Niederlassung in Frankreich beschäftigt sind, sofern der Arbeitgeber nach französischem Recht gesetzliche oder tarifvertragliche Sozialversicherungsbeiträge und –abgaben für diese Arbeitnehmer entrichtet und er der Verpflichtung zur Versicherung gegen das Risiko der Entziehung des Arbeitsplatzes unterworfen ist.
Die Verordnung erläutert zudem folgende Punkte:
- Die Kurzarbeit ist auch auf „geschützte“ Arbeitnehmer anwendbar und kann, ohne dass der Arbeitgeber dessen Einverständnis einholen muss, eingeführt werden, sobald sie alle Arbeitnehmer des Unternehmens, der Niederlassung, der Abteilung oder der Produktionsstätte betrifft, in dem der „geschützte“ Arbeitnehmer arbeitet.
- Für Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, deren Arbeitszeit in Tagen berechnet wird: Um die für das Kurzarbeitergeld zu berücksichtigenden Stunden bestimmen zu können, werden die Tage oder die halben Tage in Stunden umgerechnet. Die Umrechnungsbedingungen werden vom Dekret festgesetzt.
- Für Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, deren Arbeitszeiten weder gesetzlichen noch tarifvertraglichen Bestimmungen unterliegen: die Bedingungen zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes werden vom Dekret festgesetzt. Betroffen könnten Führungskräfte sowie VRP sein. Jedoch sollte die Veröffentlichung des Dekrets abgewartet werden, um dies bestätigen zu können und die genauen Vorgaben zur Berechnung zu kennen.
Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere deutsch-französischen Rechtsanwälte selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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