Die Vergabe von Darlehen zwischen französischen Gesellschaften
In Frankreich gilt für die Vergabe von Krediten ein strenges Bankenmonopol. Das heißt, dass französische Unternehmen bis auf wenige Ausnahmen grundsätzlich keine Kredite vergeben dürfen, auch nicht an ihre Gesellschafter. Das Gesetz für Wachstum, Beschäftigung und wirtschaftliche Chancengleichheit von August 2015, auch „Loi Macron“ genannt, führte allerdings eine weitere Ausnahme von dem in Frankreich geltenden Bankenmonopol für Kreditgeschäfte ein. Artikel L. 511-6 des französischen Währungs- und Finanzgesetzbuchs erlaubt seitdem unter bestimmten Bedingungen die Vergabe von Darlehen zwischen Gesellschaften, die eine wirtschaftliche Beziehung miteinander haben. Eine Durchführungsverordnung vom 22. April 2016 erläutert nun die Bedingungen, unter denen diese Darlehen zwischen französischen Unternehmen gewährt werden können.
Durch diese neu eingeführte Möglichkeit der Darlehensgewährung können sich Gesellschaften untereinander zu einem frei verhandelbaren Zinssatz gegenseitig Darlehen einräumen. Dies ist vor allem deshalb vorteilhaft, da Gesellschaften im Gegensatz zu Banken weniger Formalitäten beachten müssen und eventuell auch weniger Sicherheiten vom Vertragspartner einfordern.
Zudem unterscheidet sich diese Art der Kreditgewährung wesentlich von Darlehen, die innerhalb einer Unternehmensgruppe gewährt werden (cash pooling).
Die Voraussetzungen, unter denen solche Unternehmensdarlehen in Frankreich gewährt werden können, beziehen sich zunächst auf das Darlehen selbst (1.), auf die Darlehensgeber (2.) und schließlich auf die wirtschaftlichen Beziehungen, die zwischen beiden Gesellschaften bestehen müssen (3.).
1. Welche generellen Voraussetzungen bestehen für die Darlehensgewährung zwischen Unternehmen in Frankreich?
Die Laufzeit des Darlehens ist auf maximal zwei Jahre beschränkt, und beide Vertragsparteien müssen die im französischen Handelsgesetzbuch vorgeschriebenen Zahlungsfristen beachten.
Im Bezug auf das Gesellschaftsrecht müssen gegebenenfalls die Vorschriften bezüglich der In-sich-Geschäfte (conventions réglementées) beachtet werden. Solche Vereinbarungen müssen u.a. im Jahresabschlussbericht der Gesellschaften aufgeführt werden und durch einen Abschlussprüfer geprüft und bestätigt werden. Des Weiteren muss der Abschlussprüfer jährlich über bereits laufende Darlehen unterrichtet werden.
2. Wer kann Darlehensgeber in Frankreich sein?
Der französische Darlehensgeber darf einen Kredit nur im Rahmen einer Nebentätigkeit vergeben. Ferner ist die Kreditvergabe nur Aktiengesellschaften (Société Anonyme / SA, Société par Actions Simplifiée / SAS) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Société à Responsabilité Limitée / SARL) gestattet.
Die Jahresabschlüsse der jeweiligen Gesellschaft müssen durch einen Abschlussprüfer beglaubigt werden und die Gesellschaft muss ebenfalls bestimmte finanzielle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel R. 511-2-1-2 des französischen Währungs- und Finanzgesetzbuchs umfassend geregelt sind, so unter anderem:
- das Eigenkapital der Gesellschaft muss zum Abschlussstichtag der vergangenen zwei Geschäftsjahre vor der Kreditvergabe höher als ihr Stammkapital sein;
- der Bruttobetriebsüberschuss der Gesellschaft muss positiv sein;
- die Nettoliquidität während der zwei Geschäftsjahre vor der Darlehensgewährung muss einen positiven Saldo aufweisen;
- das Gesamtvolumen der Darlehen darf gewisse Grenzen nicht überschreiten.
3. Welche wirtschaftlichen Beziehungen müssen zwischen der Darlehensgeberin und der Darlehensnehmerin in Frankreich bestehen?
Eine wirtschaftliche Beziehung gemäß Artikel R. 511-2-1 des französischen Währungs- und Finanzgesetzbuchs liegt unter anderem vor, wenn:
- beide Gesellschaften Mitglieder einer wirtschaftlichen Interessenvereinigung (Groupement d’Intérêt Economique) oder eines Konsortiums sind, welches einen öffentlichen Auftrag erhalten hat;
- eine der beiden Gesellschaften innerhalb der letzten zwei Geschäftsjahre im Rahmen eines gemeinsamen Projekts, das bestimmte Bedingungen erfüllen muss, eine staatliche Subvention erhalten hat;
- zwischen beiden Unternehmen ein Subunternehmervertrag besteht.
- zwischen den beiden Gesellschaften ein Vertriebs-, Lizenz- oder Franchisevertrag oder auch nur eine reine Lieferbeziehung (in diesem Fall müssen dann gewisse Obergrenzen beachtet werden) besteht;
- die Darlehensgeberin indirekt durch eine dritte Gesellschaft mit der Darlehensnehmerin verbunden ist.
Fazit
Für eine abschließende Bewertung hinsichtlich dieser Möglichkeit der Darlehensgewährung durch französische Unternehmen ist es noch zu früh. Voraussehbar ist jedoch, dass vor allem größere Unternehmen von dieser Kreditvergabemöglichkeit profitieren könnten, da sie zum einen über ausreichendes Eigenkapital verfügen, das sie an andere Gesellschaften verleihen können. Zum anderen verfügen sie über größere Ressourcen, sodass sie in der Lage sind, komplexe gesetzliche Voraussetzungen zu erfüllen. Kleine und mittelständische Unternehmen in Frankreich werden sich wohl eher in der Rolle des Darlehensnehmers wiederfinden. Diese zu erwartende Rollenverteilung muss nicht unbedingt zum Nachteil der kleineren Unternehmen ausfallen, denn sie erhalten neben der Bank eine weitere Alternative zur Finanzierung ihrer Projekte.
Offengelassen hat der Gesetzgeber derzeit noch, ob diese Möglichkeit der Kreditgewährung auch im internationalen Kontext gilt.
Falls Sie hierzu weitere Informationen wünschen, steht Ihnen unsere Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.