Entsendung von Arbeitnehmern nach Frankreich: 10 Leitsätze zur Vermeidung von Risiken
Wie kann sich Frankreich mit einem Arbeitgeberanteil der Sozialabgaben von 42 % gegen Deutschland (22 %) oder die Schweiz (8,8 %) behaupten?
Seit 2014 verschärft Frankreich regelmäßig seine Rechtsvorschriften im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmern. Die hohe Zahl der Verpflichtungen, die den ausländischen Arbeitgeber belasten, der Arbeitnehmer nach Frankreich entsendet birgt für das ausländische Unternehmen vor allem ein finanzielles Risiko, wenn es diesen Verpflichtungen während seiner vorrübergehenden Tätigkeiten in Frankreich nicht nachkommt.
Um Ihnen zu helfen, die Risiken und Verpflichtungen zu identifizieren, die Ihr Unternehmen bei einer Entsendung von Arbeitnehmern betreffen, finden Sie im Folgenden zusammenfassend zehn Leitsätze, die ein ausländischer Arbeitgeber beim Entsenden von Arbeitnehmern nach Frankreich befolgen sollte:
1. Prüfen Sie die Sachlage Ihrer Tätigkeit in Frankreich: Handelt es sich in Ihrem Fall tatsächlich um eine Entsendung?
Eine Entsendung liegt vor, wenn Sie als Arbeitgeber, dauerhaft außerhalb Frankreichs niedergelassen sind und Sie Ihrem Arbeitnehmer eine bestimmte Aufgabe anvertrauen, die physisch in Frankreich verrichtet werden soll. Nach Ausführung der Aufgabe arbeitet Ihr (nach Frankreich) entsandter Arbeitnehmer wieder im Staat des Sitzes Ihres Unternehmens. Hierbei liegt kein Mindestzeitraum vor.
2. Beantragen Sie das Formular A1 für jeden zu entsendenden Arbeitnehmer bei der in Ihrem Land zuständigen Krankenkasse.
Mit diesem Formular A1 können die auf Ihren Arbeitnehmer anwendbaren Rechtsvorschriften der Sozialversicherung nachgewiesen werden.
Bitten Sie Ihren Arbeitnehmer stets eine Kopie dieses Dokuments bei sich zu führen.
3. Verfassen Sie vorab eine Entsendungserklärung für alle zu entsendenden Arbeitnehmer.
Erstellen Sie diese Entsendungserklärung vor der Entsendung online:
Ab dem 1.1.2018 zahlen Sie einen Beitrag in Höhe von 40 € pro Entsendung und pro Arbeitnehmer.
Bei fehlender Entsendungserklärung droht ein Bußgeld in Höhe von maximal 2 000 € pro entsandten Arbeitnehmer. Der Gesamtbetrag des Bußgeldes beträgt maximal 500 000 €.
4. Ernennen Sie einen Vertreter in Frankreich.
Da der Vertreter der Ansprechpartner der französischen Behörden ist, bestimmen Sie schriftlich einen Vertreter, der der französischen Sprache mächtig ist und eine Postanschrift in Frankreich hat.
Übermitteln Sie ihm die gemäß Artikel R. 1263-1 des frz. Arbeitsgesetzbuches vorgeschriebenen Unterlagen, damit er sie aufbewahrt und der Arbeitsaufsichtsbehörde zur Verfügung stellt.
Sollten Sie versäumen, einen Vertreter zu ernennen, droht ein Bußgeld in Höhe von maximal 2 000 € pro entsandten Arbeitnehmer. Der Gesamtbetrag des Bußgeldes beträgt maximal 500 000 €.
5. Beantragen Sie einen Berufsausweis, eine sogenannte „Carte BTP“, gemäß der Meldepflicht für endsandte Arbeitnehmer im Hoch- und Tiefbau.
Sie sind verpflichtet, jeden im Hoch- und Tiefbau tätigen Arbeitnehmer bei der zuständigen Behörde anzumelden, die Ausstellung eines Berufsausweises zu beantragen und pro Berufsausweis einen Beitrag von 10,80 € zu zahlen:
https://gestion.cartebtp.fr/#/accueil
6. Versichern Sie Ihrem französischen Vertragspartner, dass Sie die Gesetzmäßigkeiten einhalten.
Folgende Unterlagen müssen dem Auftraggeber (nebst Übersetzung ins Französische) übermittelt werden:
1) ein Dokument, das folgende Informationen enthalten muss:
- USt.-ID-Nr. oder
- falls die Gesellschaft über keine solche Nummer verfügt, Informationen zur Identifikation der Gesellschaft und ihre Adresse
2) (a) Unbedenklichkeitserklärung über die sozialversicherungsrechtliche Situation des Vertragspartners UND (b) falls die Gesetzgebung des Landes, in dem der Vertragspartner ansässig ist, dies fordert, einen Beleg, der Verwaltung der gesetzlichen Sozialversicherung, der nachweist, dass der Vertragspartner seinen Verpflichtungen im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtlichen Erklärungen und die Beitragszahlungen fristgerecht nachgekommen ist, oder einen gleichwertigen Beleg oder anderenfalls eine Bescheinigung über die sozialversicherungsrechtlichen Erklärungen sowie über die Zahlung der Sozialabgaben.
3) Handelsregisterauszug.
Eine Kopie der Entsendungserklärung muss dem Auftraggeber ebenfalls übermittelt werden.
7. Halten Sie sich an die zwingenden Vorschriften des französischen Rechts.
Sie sind verpflichtet, die zwingenden Vorschriften des französischen Rechts bezüglich folgender Punkte einzuhalten:
- individuelle und kollektive Freiheiten, insbesondere Streikrecht,
- Arbeits- und Ruhezeiten,
- Feiertage, Urlaub, Sonderurlaub für bestimmte familiäre Ereignisse, Mutterschafts-, Vaterschaftsurlaub,
- Sicherheit, Gesundheit, Hygiene am Arbeitsplatz, ärztliche Aufsicht,
- Antidiskriminierung, Gleichstellung von Frauen und Männern, Mutterschutz, Alter der Arbeitnehmer, Kinderarbeit, Arbeitszeit und Nachtarbeit von minderjährigen Arbeitnehmern, Schwarzarbeit,
- Mindestgehalt und Art der Auszahlung des Gehalts.
Um den bestehenden, dem französischen Recht unterworfenen, Arbeitsvertrag Ihres Arbeitnehmers anzupassen, insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeit und der Vergütung, erstellen Sie eine Entsendungsnachtragsvereinbarung.
8. Prüfen Sie die Rechtslage Ihrer Subunternehmer.
Wenn Sie Subunternehmer in Anspruch nehmen, die selbst Arbeitnehmer nach Frankreich entsenden, prüfen Sie, dass diese allen oben angeführten Verpflichtungen nachkommen.
9. Wenn Sie auf eine Arbeitnehmerüberlassung zurückgreifen, lassen Sie Vorsicht walten.
Sollten Sie Arbeitnehmer einsetzen, die von einem anderen Unternehmen überlassen werden, versichern Sie sich, dass Sie tatsächlich im Rahmen der in Frankreich zulässigen Arbeitnehmerüberlassung handeln, d.h.:
- Entweder erfolgt die Arbeitnehmerüberlassung ohne Gewinnerzielungsabsicht,
- Oder aber die Arbeitnehmerüberlassung erfolgt mit Gewinnerzielungsabsicht. In diesem Falle, prüfen Sie, dass dieses Geschäft nicht allein die Überlassung von Arbeitnehmern, sondern eine davon unabhängige technische Dienstleistung zum Ziel hat, die das entleihende Unternehmen nicht erbringen kann, oder dass Sie mit einer registrierten Zeitarbeitsfirma arbeiten.
Ansonsten drohen einer natürlichen Person Strafen von bis zu zwei Jahren Haft und/oder einer Geldstrafe von 30.000 €. Außerdem kann das Gericht dem verleihenden Unternehmen seine Arbeitskräfteverleihtätigkeit für eine Dauer von 2 bis zu 10 Jahren untersagen. Die Verletzung dieses Verbots kann wiederum zu einer Geldstrafe von 12.000 € und/oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 12 Monaten führen. Das Gericht kann auch entscheiden, das Urteil zu veröffentlichen.
Nach französischem Recht können auch juristische Personen strafrechtlich belangt werden (z.B. Geldstrafe von 150.000 €).
10. Reagieren Sie unverzüglich im Falle einer Kontrolle.
In der Annahme, dass die Arbeitsaufsichtsbehörde eine Kontrolle durchführen sollte, und dass Ihnen infolge dieser Kontrolle ein Schreiben zugesandt wird, reagieren Sie unverzüglich und beantworten Sie dieses vorzugsweise binnen 15 Tagen nach Erhalt.
Bei Bedarf, greifen Sie, im Rahmen dieser Kontrolle und den im Schreiben der Arbeitsaufsichtsbehörde angeführten Folgen, ohne zu zögern auf juristischen Beistand zurück.