Frankreich: Innerbetrieblich ausgetauschte Dienstleistungen und Verrechnungspreise (Transferpreis, Konzernverrechnungspreis): durch Subunternehmer erbrachte Leistungen müssen nicht zwingend mit der konzernintern vertraglich festgelegten Gewinnmarge weiter berechnet werden
Die französische Finanzverwaltung hatte in einer Entscheidung bestimmt, dass in Fällen, in denen ein Unternehmen Dienstleistungen, die von einem Subunternehmer erbracht wurden, innerhalb der Unternehmensgruppe auf Basis eines konzernintern Dienstleistungsvertrags weiterberechnet, auf jeden Fall die im Dienstleistungsvertrag vereinbarte Gewinnmarge angewendet werden muss.
Das Oberverwaltungsgericht von Versailles hat diese Entscheidung der französischen Finanzverwaltung unlängst für nichtig erklärt (Cour administrative d’appel de Versailles, Beschluss vom 19.7.2016).
Daraus ergeben sich insbesondere zwei praxisrelevante Konsequenzen: die Gesellschaft, die Güter oder Dienstleistungen konzernintern weiter berechnet
- muss nicht nur die in internen Verrechnungspreisrichtlinien vereinbarte Gewinnmarge nicht anwenden,
- sie ist sogar frei, überhaupt keine Gewinnmarge auf die an Subunternehmer vergebenen Leistungen zu berechnen.
Die Anwendung der in den konzerninternen Verrechnungspreisrichtlinien vereinbarten Gewinnmarge ist bei Leistungen von Subunternehmern nicht zwingend
Im oben beschrieben Fall war die französische Finanzverwaltung davon ausgegangen, dass eine bestimmte Gewinnmarge, die nach einer gruppeninternen Dienstleistungsvereinbarung zu berechnen ist - soweit eine solche konzerninterne Vereinbarung besteht - zwingend auch dann gilt, wenn die leistende Konzerngesellschaft zur Leistungserbringung auf Subunternehmer zurück gegriffen hat.
Das zuständige französische Oberverwaltungsgericht (hier vergleichbar einem deutschen Finanzgericht) sah dies anders. Bei der Beurteilung, ob vorliegend ein Gewinntransfer ins Ausland oder ein ungewöhnliches Geschäftsführungsverhalten („acte anormal de gestion“) vorliegt können eben nicht nur einfach die Bestimmungen der konzernintern vereinbarten Verrechnungspreisrichtlinien unter Ausschluss sonstiger Kriterien betrachtet werden.
Werden konzerninterne Leistungen von Subunternehmern erbracht, kann die leistungserbringende Konzerngesellschaft darauf verzichten, die intern vereinbarte Gewinnmarge zu berechnen, wenn die beiden folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
1. Es muss nachgewiesen sein, dass die durch das Konzernunternehmen intern weiter berechnete Leistung tatsächlich durch einen Subunternehmer erbracht wurde.
2. Weiterhin muss das Konzernunternehmen, das die Leistung weiter berechnet, belegen, dass die von dem Subunternehmer erbrachten Leistungen zu einem marktüblichen Preis fakturiert wurden, das heißt, dass der Subunternehmer seinerseits eine Gewinnmarge hatte.
Unter dem marktüblichen Preis ist hier ein Preis zu verstehen, der dem Fremdvergleichspreis/Fremdpreis entspricht („arm’s length price“). Der Fremdvergleichspreis wird wie folgt umschrieben:
„Der Preis, den Fremde als Entgelt für vergleichbare Lieferungen oder Leistungen angesetzt hätten, oder der Ertrag oder die Aufwendungen, die bei einem Verhalten wie unter Fremden beim Steuerpflichtigen angefallen wären. Zur Ermittlung von Fremdpreisen sind die Daten heranzuziehen, auf deren Grundlage sich die Preise zwischen Fremden im Markt bilden. Maßgebend sind die Preise des Marktes, auf dem Fremde die Geschäftsbedingungen aushandeln würden.“ (vgl. OECD Leitlinien, Tz. 1.2).
Beispiel: Eine französische Gesellschaft gehört einem Konzern an und erbringt anderen Konzernunternehmen auf Basis eines Dienstleistungsvertrags Dienstleitungen. Dieser konzerninterne Dienstleistungsvertrag sieht eine Gewinnmarge in Höhe von 10 % vor. In diesem Fall kann die leistungserbringende Konzerngesellschaft, die einen Subunternehmer mit der Erbringung einer Dienstleistung beauftragt hat, darauf verzichten, die Gewinnmarge in Höhe von 10% in Rechnung zu stellen, wenn sie belegen kann, dass der vom Subunternehmer in Rechnung gestellte Preis dem Fremdvergleichsgrundsatz stand hält.
Hinweis: Nach der Argumentation der Richter in dem oben genannten Urteil scheint es allerdings nur dann möglich zu sein so vorzugehen, wenn der Subunternehmer nicht auch selbst der Unternehmensgruppe angehört, es sich also aus Konzernsicht um
einen Dritten handelt. Da sich hierzu in Frankreich noch keine eindeutige Rechtsprechung herausgebildet hat, ist in der Praxis also insbesondere dann Vorsicht geboten, wenn eine Leistung von einem Subunternehmer erbracht wird, der derselben Unternehmensgruppe angehört.
Die konzerninterne Weiterberechnung von Leistungen von Subunternehmern ist zum Selbstkostenpreis möglich
Mit derselben Argumentation erlaubt es die französische Rechtsprechung sogar, Subunternehmerleistungen konzernintern zum Selbstkostenpreis weiter zu berechnen.
Dazu muss die leistungserbringende Konzerngesellschaft lediglich belegen, dass die weiter berechneten Selbstkosten dem tatsächlichen Marktwert der erbrachten Dienstleistung entsprechen. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird der französische Fiskus keine Steuernachzahlung festsetzen können.
Für weitere Informationen steht Ihnen unsere Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.