Nichtigkeit von Anteilsabtretungsverträgen in Frankreich: Kaufpreis
Bei Kaufverträgen nach französischem Recht, hierunter fallen auch Unternehmenskaufverträge, spielt immer die Frage eine Rolle, ob der Kaufpreis bei Vertragsschluss bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Ist dies nicht der Fall, ist der Kaufvertrag nichtig.
Laut ständiger französischer Rechtsprechung entspricht dabei ein unangemessen niedriger Kaufpreis dem Fehlen des Preises.
Nun wird im französischen Zivilrecht grundsätzlich zwischen absoluter und relativer Nichtigkeit unterschieden.
Was die Nichtigkeit eines Kaufvertrags anbelangt, so herrschte bislang Uneinigkeit zwischen den Kammern des französischen Kassationsgerichtshofs. Die Kammern für Zivilsachen nahmen eine relative Nichtigkeit an, die Kammer für Handelssachen beharrte auf einer absoluten Nichtigkeit.
Dieser Streit wurde nun durch ein Urteil der Kammer für Handelssachen Nr. 14-14218 vom 22. März 2016 beigelegt.
Ausgangspunkt war ein Aktienabtretungsvertrag zu einem symbolischen, nicht dem tatsächlichen Wert der abgetretenen Aktien entsprechenden Preis.
In ihrem oben genannten Urteil hat die Kammer für Handelssachen ausdrücklich ihre bisherige Rechtsprechung aufgegeben und sich derjenigen der Kammern für Zivilsachen angeschlossen.
Dies hat für die Praxis wichtige Auswirkungen:
- Im Gegensatz zur absoluten Nichtigkeit, die automatisch und zwingend eintritt und sowohl von den Parteien als auch von Dritten eingewandt werden kann, muss eine relative Nichtigkeit vom Verkäufer geltend gemacht werden. Dabei steht nur dem Verkäufer dieses Recht zu, der Käufer und sonstige Dritte können sich nicht auf die relative Nichtigkeit des Vertrags berufen.
Dies sorgt eindeutig für mehr Rechtssicherheit im Zusammenhang mit der Abtretung von Beteiligungen, bei denen die Preisgestaltung sehr häufig von anderen Faktoren als dem tatsächlichen Wert der Beteiligung abhängt.
- Die relative Nichtigkeit eines Vertrags erlaubt grundsätzlich eine Heilung der Nichtigkeit, analog zu aufgrund von Willensmängeln nichtigen Verträgen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen eine solche Heilung erfolgen kann.
Denn bislang wäre dazu wohl notwendig gewesen, dass der Grund der Nichtigkeit, hier der fehlende/zu niedrige Preis, nicht mehr existiert, was eine Nachzahlung voraussetzen würde.
Die in diesem Jahr erfolgte Reform des Schuldrechts in Frankreich gibt hierauf keine Antwort, so dass es wiederum der Rechtsprechung obliegen wird, diese Lücke zu füllen.
- In diesem Zusammenhang weisen wir auf eine Neuerung im französischen Zivilrecht hin.
Gemäß dem neuen, im Zuge der französischen Schuldrechtsreform eingeführten Artikel 1183 des Code civil kann eine Vertragspartei schriftlich die andere Vertragspartei, die sich auf die Nichtigkeit eines Vertrags berufen kann, darum bitten, entweder den Vertrag zu bestätigen oder innerhalb von 6 Monaten (Ausschlussfrist) auf Nichtigkeit zu klagen. Allerdings setzt diese Bestimmung voraus, dass der Grund der Nichtigkeit nicht mehr besteht. Deshalb ist fraglich, ob diese Möglichkeit in der Praxis eine echte Rolle spielen wird.
Falls Sie hierzu weitere Informationen wünschen, steht Ihnen unsere Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.