Steuerliche Nichtabzugsfähigkeit von Liquiditätsvorschüssen, die eine in Schwierigkeiten befindliche Muttergesellschaft von ihrer Enkelgesellschaft erhält
Gewährt eine Enkelgesellschaft ihrer Muttergesellschaft Liquiditätsvorschüsse ohne triftigen wirtschaftlichen Grund, so kann dies einen anormalen Geschäftsführungsakt (acte anormal de gestion) darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Höhe der Vorschüsse die Zahlungsfähigkeit der Muttergesellschaft bei weitem übersteigt und keine Begründung dafür gegeben wird, dass die Vorschüsse notwendig sind, um die Liquidation der Muttergesellschaft zu verhindern, was wiederum die Liquidation der Enkelgesellschaft zur Folge hätte.
1. Anormaler Geschäftsführungsakt und steuerlichen Folgen
Ein anormaler Geschäftsführungsakt liegt vor, wenn eine Gesellschaft eine Entscheidung trifft, die von der normalen Geschäftspraxis abweicht und sie ohne triftigen Grund ärmer macht. In dem vorliegenden Fall hatte eine Enkelgesellschaft ihrer Muttergesellschaft Liquiditätsvorschüsse gewährt, ohne ausreichende Geschäftsbeziehungen nachweisen zu können, um diese Transaktion zu rechtfertigen. Die Enkelgesellschaft versuchte, ihre Argumentation mit einer Vereinbarung über „Management Fees“ und einer Zentralisierung des Einkaufs zu untermauern, was das Gericht jedoch nicht überzeugte.
Eine Prüfung der finanziellen Situation ergab, dass die Höhe der Vorschüsse in keinem Verhältnis zur Zahlungsfähigkeit der Muttergesellschaft stand, die sich nicht in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befand, welche eine solche Unterstützung gerechtfertigt hätten. Das Darlehen stellte somit eine ungerechtfertigte Verarmung der Enkelgesellschaft dar.
2. Unverhältnismäßige Liquiditätsvorschüsse: im Mittelpunkt der anormalen Geschäftsführung
Die Anomalie dieses Geschäftsführungsakts liegt in der Unverhältnismäßigkeit der Vorschüsse im Vergleich zur Finanzlage der Muttergesellschaft. Die Enkelgesellschaft hat nicht nachgewiesen, dass diese Vorschüsse notwendig waren, um die Liquidation der Muttergesellschaft zu verhindern, die zu ihrer eigenen Liquidation hätte führen können. Ohne diesen Nachweis wird die Transaktion als ein Akt der freiwilligen Verarmung ohne Nutzen für die Enkelgesellschaft angesehen.
3. Wiedereingliederung von Rückstellungen für Wertberichtigungen in den steuerpflichtigen Gewinn
Die Einstufung als anomaler Geschäftsakt hat steuerliche Konsequenzen: Die Rückstellungen für Wertberichtigungen auf Forderungen, die die Enkelgesellschaft im Zusammenhang mit diesen Liquiditätsvorschüssen gebildet hatte, müssen in ihren steuerpflichtigen Gewinn wiedereingegliedert werden. Mit anderen Worten: Der finanzielle Verlust kann steuerlich nicht geltend gemacht werden, da er auf Missmanagement zurückzuführen ist.
4. Bestätigung durch die Rechtsprechung: strikte Anwendung der Grundsätze durch den Conseil d'Etat (oberstes französisches Verwaltungsgericht)
Das französische Verwaltungsgericht der Berufungsinstanz (Cour administrative d'appel, CAA) von Bordeaux stützt sich in seiner Entscheidung vom 10. Oktober 2023 (Nr. 21BX04692) auf eine Rechtsprechung des Conseil d'État (CE 22. Januar 2010, Nr. 313868) und urteilt, dass Liquiditätsvorschüsse, die einer Muttergesellschaft in Schwierigkeiten gewährt werden, wenn keine Geschäftsbeziehung nachgewiesen werden kann, keine normale Geschäftshandlung darstellen. Dies gilt umso mehr, wenn diese Vorschüsse in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Zahlungsfähigkeit der Muttergesellschaft stehen, selbst wenn sie verzinst werden.
Dieser Fall wirft die Frage auf, ob dieses Kriterium der Unverhältnismäßigkeit als Wiedereinführung des Begriffs des „offensichtlich übermäßigen Risikos“ angesehen werden könnte, obwohl diese Theorie vom Conseil d'État im Jahr 2016 aufgegeben wurde (CE 13. Juli 2016, Nr. 375801). Das französische Verwaltungsgericht der Berufungsinstanz präzisierte jedoch, dass die Entscheidung vom 22. Januar 2010 nicht nur die Solvenz der Muttergesellschaft bewerte, sondern auf den tatsächlichen Liquiditätsbedarf des Unternehmens abstelle.
5. Anormaler Geschäftsführungsakt: Verarmung ohne wirtschaftliche Rechtfertigung
Ein anormaler Geschäftsführungsakt liegt vor, wenn die Gesellschaft aus Gründen verarmt, die nicht in ihrem wirtschaftlichen Interesse liegen (CE plén. 21. Dezember 2018, Nr. 402006). Im vorliegenden Fall stellt die Gewährung dieser Vorschüsse an die Muttergesellschaft ohne triftigen geschäftlichen Grund eine ungerechtfertigte Verarmung der Enkelgesellschaft dar, die erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich zieht.
Für weitere Informationen oder Unterstützung bei Ihren Meldepflichten in Frankreich stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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