Steuerprüfung in Frankreich: Geschäftsführer dürfen auch riskante Geschäftsführungsentscheidungen treffen, ohne dass dies zu einer Steuerberichtigung führt
Der französischen Steuerverwaltung ist es nunmehr verboten, Geschäftsführungsentscheidungen in Frage zu stellen. Dies bedeutet, dass französische Geschäftsführer auch riskante Geschäftsführungsentscheidungen treffen können, ohne deshalb mit einer Steuerberichtigung wegen nicht anerkannter Ausgaben- und Verlustabzüge rechnen zu müssen - soweit die Geschäftsführungsentscheidung das Ziel eines Gewinnzuwachses verfolgte. Dies hat der französische „Conseil d’Etat“ (oberstes Verwaltungsgericht) am 13. Juli 2016 entschieden.
Bis dahin konnten die französischen Steuerbehörden eine Steuerberichtigung mit Geschäftsführungsentscheidungen, die ein offensichtlich übermäßiges Risiko darstellten, begründen.
Seit den 1980er Jahren vertrat der Conseil d’Etat die Auffassung, dass die unternehmerische Freiheit bei der Leitung eines französischen Unternehmens nicht absolut war. Er verweigerte die
steuerliche Abzugsfähigkeit von Ausgaben, die auf Geschäftsführungsentscheidungen beruhen, die mit einer Risikobereitschaft verbunden sind, die normalerweise kein Geschäftsführer eingehen darf.
In einem solchen Fall sahen französische Gerichte das eingegangene Risiko als „offensichtlich übermäßig“ an, und betrachteten die Geschäftsführungsentscheidung als „ungewöhnliche Geschäftsführungshandlung“.
Diese Lösung wurde von der französischen Rechtslehre lange mit dem Hauptargument kritisiert, dass die Steuerverwaltung somit über die Möglichkeit verfüge, sich in die Geschäftsführung eines Unternehmens einzumischen.
Die Risikobereitschaft einer Geschäftsführungsentscheidung ist nunmehr in Frankreich kein Merkmal zur Qualifikation einer „ungewöhnlichen Geschäftsführungshandlung“ mehr
Durch sein Urteil vom 13. Juli 2016 hat der Conseil d’Etat die Theorie des offensichtlich übermäßigen Risikos aufgegeben.
Der französischen Steuerverwaltung ist es nunmehr grundsätzlich untersagt, sich zur Zweckmäßigkeit von Geschäftsführungsmaßnahmen eines Unternehmens zu äußern; dies gilt insbesondere für das Ausmaß der zur Verbesserung des Unternehmensergebnisses eingegangenen Risiken.
Demzufolge ist es nicht mehr die Aufgabe des französischen Fiskus, die Qualität oder die Ergebnisse der Haushaltsführung oder von Vertriebsmaßnahmen eines Unternehmens in Frankreich – auch wenn die Auswirkungen gering sind – zu beurteilen.
Infolgedessen darf das französische Finanzamt die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ausgaben oder Verlusten nicht mehr mit der alleinigen Begründung ablehnen, dass diese Ausgaben oder Verluste aus einer riskanten Geschäftsführungsentscheidung resultieren.
Falls Sie hierzu weitere Informationen wünschen, steht Ihnen unsere Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.