Erweiterte Verantwortung des Herstellers („responsabilité élargie du producteur“, kurz: „REP“)
Kaufrecht, Verbraucherrecht und Umweltrecht in Frankreich – Was ändert sich 2022?
Der Beginn des neuen Jahres ist in Frankreich von zahlreichen gesetzlichen Neuregelungen geprägt, die am 1. Januar 2022 in Kraft getreten sind.
Viele der Neuerungen wurden durch das Gesetz Nr. 2020-105 vom 10. Februar 2020 zur Bekämpfung der Verschwendung und zur Kreislaufwirtschaft eingeführt (“Loi relative à la lutte contre le gaspillage et à l’économie circulaire“, kurz „Loi AGEC“).
Die Reform betrifft insbesondere den Verbraucherschutz und das Umweltrecht in Frankreich.
Sie führt zu zahlreichen Änderungen, die Hersteller und Händler, die Produkte nach Frankreich liefern, beachten müssen. Auch Online-Händler sind hiervon betroffen.
Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über die wesentlichen Änderungen geben, die in Frankreich seit dem 1. Januar 2022 gelten.
- Erweiterte Verantwortung des Herstellers („responsabilité élargie du producteur“, kurz: „REP“)
- Elektrogeräte, Laptops, Smartphones: Neue Informationspflichten in Frankreich bezüglich der Dauer der Verfügbarkeit von Ersatzteilen
- Reduzierung von Plastikabfällen
- Verbot der Vernichtung unverkaufter neuer Non-Food Produkte
- Besondere Pflichten bei der Reparatur von Haushaltsgeräten und elektronischen Geräten
Erweiterte Verantwortung des Herstellers („responsabilité élargie du producteur“, kurz: „REP“)
Um die Zunahme von Abfällen zu vermeiden, wurde in Frankreich bereits vor vielen Jahren der Grundsatz der erweiterten Herstellerverantwortung eingeführt.
Seit dem 1. Januar 2022 wurde dieser Grundsatz verschärft und auf weitere Branchen ausgedehnt.
Welche Unternehmen davon betroffen sind und welche neuen Verpflichtungen sich ergeben, stellen wir nachfolgend dar. Auch Online-Händler, die ihre Produkte auf den französischen Markt bringen, müssen diese neuen Pflichten beachten.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Unternehmen, die bereits vor dem Jahr 2022 der erweiterten Herstellerverantwortung unterworfen waren:
Unternehmen, die folgende Produkte herstellen oder in Frankreich auf den Markt bringen, waren bereits vor dem Jahr 2022 von der erweiterten Herstellerverantwortung („responsabilité élargie du producteur“, kurz: REP) betroffen:
- Haushaltsverpackungen, also Verpackungen von Produkten, die für eine Verwendung in privaten Haushalten bestimmt sind,
- gedruckte Papiererzeugnisse (nicht jedoch Bücher) und Grafikpapier, das für Endnutzer bestimmt ist,
- Elektro- und Elektronikgeräte, unabhängig davon, ob sie für den privaten oder für den gewerblichen Gebrauch bestimmt sind
- Batterien und Akkus,
- Reifen,
- Fahrzeuge,
- Arzneimittel,
- Einrichtungsgegenstände, darin inbegriffen auch Polstermöbel,
- neue Textilerzeugnisse (Bekleidung, Schuhe oder Haushaltswäsche), die für Verbraucher bestimmt sind,
- Sport- und Vergnügungsschiffe,
- Chemikalien, die ein erhebliches Gesundheits- und Umweltrisiko bergen,
- medizinische Geräte zur Selbstbehandlung, die einen elektronischen Bestandteil enthalten und
- Tabakprodukte, die mit einem Kunststofffilter ausgestattet sind.
Auf diese Produkte ist in Frankreich weiterhin die erweiterte Herstellerhaftung anwendbar.
Neue Produktkategorien seit dem 1. Januar 2022:
Seit dem 1. Januar 2022 wurde der Grundsatz der erweiterten Herstellerverantwortung auf folgende Produkte erweitert:
- Spielsachen,
- Sport- und Freizeitartikel,
- Heimwerker- und Gartenartikel,
- textile Dekorationselemente,
- Bauprodukte und -materialien,
- Öle (mineralische und synthetische Schmier- und Industrieöle).
Weitere Produkte werden in den kommenden Jahren für die erweiterte Herstellerhaftung in Frankreich hinzukommen.
Was bedeutet das für Unternehmen in den betroffenen Produktkategorien?
Wenn ein Unternehmen, etwa aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz, eines (oder mehrere) der oben genannten Produkte herstellt und in Frankreich in Verkehr bringt, muss es bestimmte Pflichten erfüllen. Diese Pflichten im Rahmen des Exports nach Frankreich sollen nachfolgende dargestellt werden.
Pflicht zur Abfallbewirtschaftung
Die betroffenen Unternehmen haben die Pflicht, für die Verwertung der Abfälle, die im Zusammenhang mit den auf den Markt gebrachten Produkten entstehen, zu sorgen.
In der Praxis beauftragen Unternehmen diese Pflicht in Frankreich an sogenannte „éco-organismes“: Das sind kollektive Entsorgungsstrukturen, denen man als Unternehmen, gegen Zahlung von Beiträgen, beitreten kann. Durch die Beiträge werden entsprechende Recycling-Systeme finanziert. Je nach Produktkategorie gibt es in Frankreich unterschiedliche „éco-organismes“, beispielsweise „CITEO“ für Verpackungen, „eco-mobilier“ für Möbel und Spielwaren, „ecologic“ für Elektrogeräte oder „Re-fashion“ für Textilien.
Alternativ kann ein Unternehmen auch selbst ein individuelles Recycling-System zur Sammlung und Wiederverwertung seiner Produkte einrichten: Hierfür ist vorab eine behördliche Genehmigung erforderlich.
Registrierungspflicht bei der französischen Umweltbehörde ADEME und Ausstellung einer ID-Nummer („identifiant unique“):
Darüber hinaus müssen sich alle Hersteller, die ab dem 1. Januar 2022 in Frankreich der erweiterten Herstellerverantwortung unterliegen, bei der französischen Umweltbehörde ADEME (Agence de l'Environnement et de la Maîtrise de l'Energie) registrieren lassen.
Diese Behörde erteilt dem Unternehmen bei der Registrierung eine Kennnummer (sog. „identifiant unique“).
Pflicht zur Angabe des „identifiant unique“ in allen Vertragsdokumenten
Diese Kennnummer muss in den allgemeinen Verkaufsbedingungen (AGB) oder, sofern solche nicht vorhanden sind, in sämtlichen anderen Vertragsdokumenten, die dem Käufer übermittelt werden, angegeben werden. Darüber hinaus muss jeder Hersteller, der über eine eigene Internetpräsenz verfügt, diese Kennnummer auch auf seiner Internetseite veröffentlichen.
Werden diese Angaben nicht ordnungsgemäß gemacht, droht dem Unternehmen ein Bußgeld.
Neue Pflichten gelten auch für Online-Marktplätze (Market place)
Auch Online-Marktplätze (bspw. Amazon) sind von diesen neuen Maßnahmen betroffen.
Für sämtliche Produkte, die über einen Marktplatz angeboten werden und in Frankreich der erweiterten Herstellerverantwortung unterliegen, muss grundsätzlich der Market Place die entsprechenden Pflichten erfüllen. Etwas anderes gilt, wenn der Marktplatz nachweisen kann, dass der Verkäufer die Verpflichtungen seinerseits bereits erfüllt hat. Es besteht für Marktplätze also in jedem Fall eine Pflicht zur Prüfung und gesetzeskonformer Dokumentierung.
Wir helfen Ihnen gerne dabei, Ihr Frankreichgeschäft rechtssicher zu gestalten.
Zu allen Fragen im Bereich Compliance und Verbraucherrecht in Frankreich berät Sie gerne unsere französische Anwältin Frau Vanina Vedel, LL.M.
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