Grenzüberschreitende Arbeitnehmer im Homeoffice in Frankreich - Welches Sozialversicherungsrecht gilt ab dem 1. Juni 2023?
Bei der Ermittlung des anzuwendenden richtigen Sozialversicherungsrechts gilt in Europa folgender Grundsatz: Gemäß der europäischen Verordnung (EG) 883/2004 sind Arbeitnehmer in dem Staat sozialversichert, in dem sie ihre Tätigkeit gewöhnlich ausüben. Falls sie gewöhnlich in zwei Mitgliedstaaten arbeiten, sind sie im Staat ihres Wohnsitzes versichert, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausüben, d. h. mindestens 25 % ihrer Arbeitszeit verbringen.
Die Klärung des anwendbaren Rechts ist gerade bei einer Tätigkeit im Homeoffice wichtig, da davon abhängt, in welchem Land die Sozialabgaben abzuführen sind.
Um den immer häufiger auftretenden Homeoffice-Situationen Rechnung zu tragen, haben einige europäische Staaten ein Rahmenabkommen geschlossen, das eine von diesem Grundsatz abweichende Ausnahmeregelung für grenzüberschreitende Arbeitnehmer, die „Telearbeit“ leisten, vorsieht.
Frankreich hat das Rahmenabkommen ebenfalls unterzeichnet.
Wie der Begriff „Telearbeit“ in diesem Rahmenabkommen definiert ist und welche Bedeutung dieses Abkommen für die Ermittlung des anwendbaren Sozialversicherungsrechts hat, möchten wir Ihnen im Folgenden kurz vorstellen.
Welche Arbeitnehmer sind betroffen?
Das Rahmenabkommen betrifft grenzüberschreitende Arbeitnehmer, die Telearbeit leisten (grenzüberschreitende Telearbeit).
Grenzüberschreitende Telearbeit wird definiert als Tätigkeit, die von jedem beliebigen Ort aus ausgeübt werden kann und die auch in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers oder an dessen Geschäftssitz ausgeführt werden könnte und die
1) in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten als dem ausgeübt wird, in dem sich die Geschäftsräume des Arbeitgebers oder der Sitz des Unternehmens befindet und
2) sich auf Informationstechnologien stützt, um mit dem Arbeitsumfeld des Arbeitgebers oder des Unternehmens sowie mit Interessengruppen / Kunden in Verbindung zu bleiben, um die Aufgaben zu erfüllen, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übertragen werden.
Ausgeschlossen von dieser Regelung sind Personen, die
- in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, üblicherweise keine Telearbeit ausüben,
- Telearbeit in einem Land, das nicht zu den Unterzeichnerstaaten des Rahmenabkommens gehört, ausüben oder die
- selbstständig erwerbstätig sind.
Was besagt diese Regelung?
Das Rahmenabkommen ermöglicht die Anwendung des Sozialversicherungsrechts des Staates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat und nicht des Staates des Wohnsitzes des Arbeitnehmers, falls der Arbeitnehmer im Staat seines Wohnsitzes weniger als 50 % seiner Arbeitszeit in Telearbeit verrichtet.
Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der von einem deutschen Unternehmen eingestellt wurde, arbeitet teilweise am Hauptsitz des Unternehmens in Deutschland und teilweise, im Rahmen von Telearbeit, an seinem Wohnsitz in Frankreich. Wenn der Arbeitnehmer nur 49,9 % seiner Gesamtarbeitszeit an seinem Wohnsitz in Frankreich im Homeoffice arbeitet, kann er künftig unter Anwendung dieser Ausnahmeregelung im deutschen Sozialversicherungssystem versichert bleiben.
Ab wann gilt diese Ausnahmeregelung?
Diese Regelung gilt ab dem 1. Juli 2023. Das Rahmenabkommen wurde für eine Dauer von fünf Jahren geschlossen und kann stillschweigend verlängert werden.
Kommt diese Ausnahmeregelung automatisch zur Anwendung?
Diese Regelung kommt nicht automatisch zur Anwendung. Es ist hierfür ein vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber gestellter Antrag erforderlich.
Der Antrag muss über eine Online-Plattform gestellt werden und führt zur Ausstellung einer A1-Bescheinigung durch den Staat des Firmensitzes des Arbeitgebers. Dieser Staat informiert dann den Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers hierüber.
Wird also weder vom Arbeitnehmer noch von seinem Arbeitgeber ein Antrag auf Anwendung des Rahmenabkommens gestellt, gelten weiterhin die in der EU-Verordnung 883/2004 festgelegten Regeln.
Für welche Staaten gilt diese Ausnahmeregelung?
Die Ausnahmeregelung ist nur dann anwendbar, wenn beide betroffenen Staaten, also sowohl der Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers als auch sein Beschäftigungsstaat, Vertragsparteien des Rahmenabkommens sind.
Neben Frankreich und Deutschland haben auch weitere Nachbarstaaten, wie die Schweiz, Belgien und Luxemburg, das Abkommen bereits unterzeichnet.
Sie haben Fragen zur Verwaltung Ihrer französischen Arbeitnehmer? Sprechen Sie uns an!
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