Neuregelungen im Versandhandel seit dem 1. Juli 2021
Ein heißes Thema zu Beginn des Jahres: die Überschreitung des Schwellenwerts von 10.000 € bei Geschäften im Versandhandel. Seit dem 01.07.2021 sind Verkäufer – und insbesondere diejenigen, die im Bereich des E-Commerce tätig sind – von den neuen Regeln stark betroffen. Aufgrund der zahlreichen Steuerprüfungen, die sich mit diesem Thema befassen, erlauben wir uns, Sie an die geltenden Regeln zu erinnern.
Ein Verkauf gilt dann als „Versandhandel“, wenn er sich auf Waren bezieht, die vom Verkäufer (oder auf seine Rechnung) aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Frankreich (oder umgekehrt) geliefert bzw. transportiert werden, und wenn der Käufer gleichzeitig eine Privatperson ist (BtoC-Geschäft).
Infolgedessen müssen drei Bedingungen erfüllt sein:
- Die Lieferungen müssen sich auf Waren beziehen, die vom Verkäufer oder für seine Rechnung an den Käufer versandt oder zu ihm befördert werden.
- Sie müssen von Frankreich aus in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder umgekehrt ausgeführt werden.
- Der Käufer ist grundsätzlich eine nicht umsatzsteuerpflichtige Person (also z.B. eine Privatperson).
Seit dem 1. Juli 2021 gilt ein einheitlicher und globaler Schwellenwert von 10.000 € für alle Verkäufe, die ein Unternehmen im Versandhandel an europäische Verbraucher tätigt. Demnach gilt nunmehr Folgendes:
- Wenn das Unternehmen innergemeinschaftliche Verkäufe (z.B. E-Commerce) in Höhe dieses Schwellenwerts oder darunter tätigt, erfolgt die Besteuerung des Versandhandels im Land des Verkäufers (Anwendung der deutschen Umsatzsteuer bei einem deutschen Verkäufer).
- Wenn das Gesamtvolumen der Verkäufe des Unternehmens diesen Schwellenwert von 10.000 € überschreitet, erfolgt die Besteuerung des Verkaufs im Land des Verbrauchers (Anwendung der Umsatzsteuersteuer des Landes, in das die Ware geliefert wird, z.B. Frankreich im Fall einer Lieferung an eine französische Privatperson).
Praktische Fragen:
Wie können Unternehmen ihre Meldepflichten erfüllen und die geschuldete Umsatzsteuer zahlen?
Wenn der einheitliche und globale Schwellenwert von 10.000 € überschritten wird, muss das Unternehmen die Umsatzsteuer des Mitgliedstaates anwenden, in dem die Lieferung der Ware erfolgt ist. Dazu ist es erforderlich, sich vor Ort eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu besorgen.
Hierzu stehen Ihnen Dienstleister zur Seite, die Sie bei der Beantragung einer französischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie bei den Formalitäten zur Erklärung und Zahlung der französischen Umsatzsteuer unterstützen können.
Um den Unternehmen die Anmeldung und Zahlung der Umsatzsteuer in den betreffenden Mitgliedstaaten zu erleichtern, ist parallel seit dem 1. Juli 2021 die Regelung „One Shop Stop One-Stop-Shop“ (OSS-Schalter) eingeführt worden.
Ist es möglich, alle Versandhandelsgeschäfte im Voraus der Umsatzsteuer des Bestimmungslandes zu unterwerfen?
Auch wenn im vorangegangenen oder im laufenden Kalenderjahr der Gesamtschwellenwert von 10.000 € nicht überschritten wurde bzw. nicht überschritten wird, kann sich der Verkäufer dafür entscheiden, dass der Ort der Besteuerung seiner Verkäufe im Rahmen des Versandhandels in den Mitgliedstaaten liegt, in denen die Lieferungen erfolgt sind.
Diese Option ist „global“ und ermöglicht somit eine Besteuerung in allen Staaten, in denen der französische Verkäufer Versandhandelsgeschäftetätigt.
Sie ist zwei Jahre lang wirksam und kann stillschweigend verlängert werden, sofern sie nicht nach Ablauf eines jeden Zeitraums gekündigt wird.
Was passiert, wenn ich den Schwellenwert seit einigen Monaten/ Jahren überschritten habe und folglich die Umsatzsteuer falsch berechnet bzw. deklariert habe?
Zur Information: Bis zum 01.07.2021 lag der Schwellenwert in Frankreich pro Kalenderjahr bei einem Umsatz von 35.000 €.
Wenn Sie den Schwellenwert überschritten haben, ohne dass Sie die französische Umsatzsteuer weder in Rechnung gestellt noch deklariert haben, empfehlen wir Ihnen, so schnell wie möglich Berichtigungserklärungen abzugeben.
Die französische Steuerbehörde sucht aktiv nach derartigen Sachverhalten auf der Grundlage der Zahlen, die ihr von E-Commerce-Giganten wie Amazon und eBay vorgelegt werden, und es kommt aktuell sehr häufig zu Steuerprüfungen und finanziellen Sanktionen.
Mit einer freiwilligen Erklärung können Sie Ihren guten Glauben geltend machen und eine möglichst weitgehende Reduzierung der finanziellen Sanktionen beantragen.
Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung, wenn Sie diesbezügliche Probleme mit uns besprechen möchten. Unser Team von deutsch-französischen Steueranwälten begleitet Sie bei allen Themen, insbesondere bei Fragen zur Umsatzsteuer und Steuerprüfung.
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