Arbeitslosengeld in Frankreich 2025: Regelungen, Anspruch und Bezugsdauer
Auch für Arbeitgeber ist es von Vorteil, noch vor Beendigung eines Arbeitsvertrages in Frankreich über die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitslosengeld und die diesbezüglich geltenden Regelungen in Frankreich informiert zu sein.
Dieses Wissen kann die Verhandlungsposition des Arbeitgebers beeinflussen – insbesondere bei der Verhandlung eines Aufhebungsvertrages in Frankreich.
Die Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer verlaufen in der Praxis meist sehr unterschiedlich, je nachdem, ob dieser am Ende seines Arbeitsvertrages Anspruch auf Arbeitslosengeld hat oder nicht.
Die Regeln in Bezug auf das Arbeitslosengeld sind in Frankreich ein sehr heikles Thema und werden regelmäßig, je nach Regierung und der angewandten Sozialpolitik, geändert. Infolgedessen sind diese Regeln sehr komplex geworden. Ziel dieses Artikels ist es, die wichtigsten Regeln für das Arbeitslosengeld in Frankreich darzulegen.
1. Welche Beendigungsarten eines Arbeitsvertrages in Frankreich verleihen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer in Frankreich, die unfreiwillig arbeitslos werden, Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Kündigung eines Arbeitsvertrages und Arbeitslosengeld
Ein gekündigter Arbeitnehmer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dies gilt auch dann, wenn ihm wegen schweren oder arglistigen Verschuldens, sog. faute grave oder faute lourde, gekündigt wurde.
Ein Arbeitnehmer, der von sich aus kündigt (Eigenkündigung), hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (außer in besonderen Ausnahmefällen).
Aufhebungsvertrag und Arbeitslosengeld
Der französische Gesetzgeber hat den Anspruch auf Arbeitslosengeld auf die Beendigung eines Arbeitsvertrages mittels eines Aufhebungsvertrages erweitert (= Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gemeinsamen Einvernehmen, sog. rupture conventionnelle).
Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag zum Arbeitsvertrag abschließen, hat der Arbeitnehmer am Ende seines Arbeitsvertrages somit grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld. In Abhängigkeit der Höhe des Betrags der Aufhebungsvertragsentschädigung (indemnité de rupture conventionnelle), welche im Rahmen des Aufhebungsvertrages an den Arbeitnehmer gezahlt wird, kann jedoch eine Sperrzeit zur Anwendung kommen (siehe 5. Sperrzeiten).
2. Wie lange müssen Arbeitnehmer Beiträge zahlen, um Arbeitslosengeld in Frankreich erhalten zu können?
Ein Arbeitnehmer hat nur dann Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn er innerhalb der letzten zwei Jahre (bzw. Arbeitnehmer ab dem 53. Lebensjahr innerhalb der letzten drei Jahre) vor Ende seines Arbeitsvertrages mindestens 130 Tage (sechs Monate) oder 910 Stunden gearbeitet hat.
3. Wie lange besteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitslosengeld in Frankreich?
Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld hängt in Frankreich von mehreren Faktoren ab:
- Beschäftigungszeiträume des Arbeitnehmers
- Alter des Arbeitnehmers
- Beendigungsdatum des letzten Arbeitsvertrages.
Die Regeln zur Bestimmung dieser Dauer sind recht komplex. Wichtig zu wissen ist, dass die Bezugsdauer 730 Tage (24 Monate) nicht überschreiten kann.
Für Arbeitnehmer, die 53 oder 54 Jahre alt sind, wird diese Höchstdauer auf 913 Tage verlängert; für Arbeitnehmer ab 55 Jahren beträgt die maximale Bezugslänge 1.095 Tage.
Seit dem 1. Februar 2023 ist jedoch eine Regelung zur Anpassung der Bezugsdauer an die Lage des Arbeitsmarktes in Kraft getreten. Für Arbeitslosengeldempfänger, deren Arbeitsvertrag ab dem 1. Februar 2023 endet, wird die Bezugsdauer daher um 25 % reduziert.
Wird ein Arbeitsvertrag beendet, bevor der Arbeitnehmer seinen vollen Rentenanspruch geltend machen kann, kann er bis zu dem Zeitpunkt, an dem er Anspruch auf eine Vollrente hat, unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitslosengeld beziehen.
Der Anspruch auf die volle Rente ist in Frankreich abhängig vom Erreichen des gesetzlichen Mindestalters sowie von der Anzahl der in die Rentenkasse eingezahlten Quartale.
4. Wie hoch ist das Arbeitslosengeld in Frankreich?
Das Arbeitslosengeld, das in Frankreich „allocation d‘aide au retour à l'emploi“(kurz ARE) genannt wird, wird gemäß den Löhnen berechnet, die der Arbeitnehmer über den Referenzzeitraum erhalten hat: Für Arbeitnehmer
- unter 53 Jahren werden die Löhne der letzten 24 Monate vor Beendigung des Arbeitsvertrages berücksichtigt,
- ab 53 Jahren werden die Löhne der letzten 36 Monate vor Beendigung des Arbeitsvertrages berücksichtigt.
Der Bruttobetrag des Arbeitslosengeldes entspricht dem höheren Betrag aus folgenden zwei Beträgen:
- Betrag 1: 40,4 % des Referenztagesgehalts zzgl. eines festen Anteils, der jedes Jahr neu bewertet wird (Stand 01.07.2024: 13,11 €),
- Betrag 2: 57 % des Referenztagesgehalts.
Der Tagessatz des Arbeitslosengeldes wird durch einen Mindest- und einen Höchstbetrag begrenzt, die derzeit (Stand: 01.01.2025) wie folgt lauten:
- Der Mindestbetrag des Arbeitslosengeldes beträgt 31,97 € brutto pro Tag.
- Der Betrag des Arbeitslosengeldes darf 75 % des Referenztagesgehalts nicht übersteigen.
- Der Höchstbetrag des Arbeitslosengeldes beträgt 274,80 € brutto pro Tag.
Der Tagessatz der Arbeitslosengeldempfänger, die zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung jünger als 57 Jahre sind, wird ab dem 183. Tag des Arbeitslosengeldbezugs auf einen Koeffizienten von 0,7 (d. h. um 30 %) herabgesetzt.
5. Gibt es beim Bezug von Arbeitslosengeld in Frankreich Sperrzeiten?
Das Arbeitslosengeld wird nicht unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsvertrages ausgezahlt.
In der Praxis findet eine Sperrzeit Anwendung, die ab dem Tag nach dem Enddatum des Arbeitsvertrages je nach Situation des Arbeitnehmers berechnet wird.
Die Sperrzeit ist der Zeitraum, während dem ein Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsvertrages kein Arbeitslosengeld beziehen kann. Die Sperrzeit hat hingegen keine Auswirkung auf die Anspruchsdauer, sie verzögert lediglich den Beginn des Arbeitslosengeldbezugs.
Im französischen Recht gibt es drei verschiedene Sperrzeiten, die kumuliert werden können:
- Allgemeine Sperrzeit: Unabhängig von der besonderen Situation des betroffenen Arbeitnehmers besteht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht vor Ablauf von sieben Tagen nach Beendigung des Arbeitsvertrages.
- Sperrzeit im Zusammenhang mit der Auszahlung einer Urlaubsabgeltung: Wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrages eine Urlaubsabgeltung erhält, gilt eine zusätzliche Sperrzeit, die maximal 30 Kalendertage betragen darf.
- Sperrzeit im Zusammenhang mit der Auszahlung von Beendigungsentschädigungen: Wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung seines Arbeitsvertrages Beendigungsentschädigungen (Abfindungen) erhält, die höher sind als die Beträge, die ihm laut Gesetz zustehen (z. B. eine Aufhebungsvertragsentschädigung, die den gesetzlich geschuldeten Mindestbetrag übersteigt, oder eine Vergleichsentschädigung, die nach dem Arbeitsvertrag zur Beendigung eines Rechtsstreits ausgezahlt wird), gilt eine Sperrzeit von maximal 150 Tagen.
Die konkrete Dauer der Sperrzeit hängt von dem Betrag der Beendigungsentschädigung ab, der oberhalb des gesetzlich geschuldeten Betrags gewährt wird.
Bei einer betriebsbedingten Kündigung beträgt die Höchstdauer dieser Sperrzeit 75 Tage. Bei Annahme eines sog. contrat de sécurisation professionnelle (Vertrag zur Sicherung von Berufskarrieren) im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung gilt keine Sperrzeit.
Ziehen Sie eine Beendigung eines Arbeitsvertrages in Frankreich in Betracht und fragen sich – etwa im Rahmen der Verhandlung eines Aufhebungsvertrages – ob der betroffene Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld haben wird?
Unser deutsch-französisches Arbeitsrechtsteam steht Ihnen gerne beratend zur Verfügung: welcome@rechtsanwalt.fr
Diese News wurde von Priscille Lecoanet, Avocat, in Zusammenarbeit mit Rachel Brauns, Übersetzerin und juristischer Assistentin, verfasst.
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