Unlauterer Wettbewerb in Frankreich
Themen-Klassiker zum französischen Wirtschaftsrecht
Transkript zum Videobeitrag
Guten Tag.
Sie vermuten, Opfer unlauterer Wettbewerbshandlungen geworden zu sein und fragen sich, wie Sie sich dagegen verteidigen sollen? Ich bin Deborah Niel, französische Rechtsanwältin und seit über fünf Jahren in der deutsch-französischen Kanzlei EPP Rechtsanwälte Avocats tätig. Ich arbeite im Bereich Prozess- und Vertragsrecht.
Unsere Kanzlei begleitet seit 25 Jahren Unternehmen grenzüberschreitend in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts. Heute bin ich hier in Baden-Baden, einer der fünf Standorte unserer Kanzlei.
In diesem Video werden Sie erfahren,
- welche Handlungen in Frankreich als unlauter qualifiziert werden,
- wie Sie sich am besten vor solchen Fällen schützen,
- wie Sie Beweise sichern können und
- welche Entschädigungen Ihnen zustehen.
Es kann sich hierbei zum Beispiel um Parasitismus oder Desorganisation handeln, also um die Stiftung von Verwirrung durch „Trittbrettfahrer“ oder um die gezielte Abwerbung von Mitarbeitern.
Parasitismus
Unlauterer Wettbewerb kann durch sogenannten Parasitismus entstehen. Es handelt sich dabei zum Beispiel um Fälle, in denen Ihr Konkurrent Ihre Webseite oder einen Teil davon kopiert, Ihre Verkaufsargumente übernimmt oder die maßgeblichen Kennzeichen Ihres Unternehmens für die Vermarktung seiner eigenen Produkte verwendet.
Mit Hilfe Ihres Anwalts sollten Sie dann ermitteln, inwieweit Ihr Konkurrent
- den Bekanntheitsgrad Ihres Unternehmens,
- Ihre Investitionen, etwa im Bereich Marketing, und/ oder
- Ihr Know-how
ausnutzt, ohne etwas dafür auszugeben und ohne eigene Anstrengungen zu unternehmen. Denn solche Verhaltensweisen verursachen Verwirrung beim Verbraucher, der dann beide Unternehmen miteinander verwechselt und schlussendlich womöglich das Produkt bei dem anderen Unternehmen kauft.
Desorganisation
Unlauterer Wettbewerb kann auch durch Desorganisation entstehen. Kein Unternehmer sieht es gerne, wenn seine Mitarbeiter ihn verlassen, um ein konkurrierendes Unternehmen zu gründen. Dies allein genügt jedoch nicht für das Vorliegen einer unlauteren Handlung.
Hier sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Anwalt folgende Frage klären:
Anhand welcher Mittel konnten die ehemaligen Mitarbeiter so schnell eine vorteilhafte Marktposition erreichen?
Haben sie hierfür etwa strategische oder vertrauliche Unterlagen und Informationen Ihres Unternehmens verwendet? Im Übrigen spricht man in solchen Fällen auch von Know-How-Plünderung.
Oder haben Ihre ehemaligen Mitarbeiter lediglich ihre eigenen, durch Erfahrung erworbenen technischen Kenntnisse verwendet?
Beweise
Was sind die Beweismöglichkeiten?
Heutzutage werden Internetseiten mit Online-Shops ständig geändert. Sie sollten deshalb schnell handeln und die Beweise durch Screenshots sichern. Achten Sie darauf, dass das Datum auf den Screenshots sichtbar ist.
Unverzüglich danach sollte ein französischer Gerichtsvollzieher damit beauftragt werden, diese Verstöße mittels eines Gerichtsvollzieherprotokolls festzustellen. Denn in Frankreich ist das formale Protokoll eines Gerichtsvollziehers als entscheidendes Beweismittel von den Gerichten anerkannt. Sind solche Beweise nicht zugänglich, könnte auch ein Privatdetektiv eingeschaltet werden.
Legen die Beweise physisch im reinen Zugriffsbereich des Konkurrenten, so benötigen Sie das grüne Licht des Gerichts in Form einer Gerichtsverfügung, um Beweismittel beim Konkurrenten zu sichern. Ihr Anwalt muss dazu einen Antrag stellen, der darauf abzielt, einen Gerichtsvollzieher zu ermächtigen, vor Ort Einsicht in die entsprechenden Unterlagen (wie zum Beispiel in Computerdateien, Emails der Buchhaltung, in technische Dokumentationen oder in Verträge) zu nehmen. Dadurch werden die Beweise für ein künftiges Verfahren gesichert.
Unterlassung und Schadensersatz
Was können Sie vom Konkurrenten verlangen?
Zunächst natürlich die Unterlassung der unlauteren Handlung, wobei nicht die Einstellung der gesamten Tätigkeit des Konkurrenten verlangt werden kann – beziehungsweise dies nur in seltenen Fällen. In der Regel wird ein Eilverfahren (das sogenannte „référé“-Verfahren) durch Ihren Anwalt eingeleitet.
Weiterhin kann Ihnen Schadensersatz zugesprochen werden, etwa wegen des konkreten Verlusts von Margen oder aber pauschal wegen Ihres wirtschaftlichen Schadens oder Imageschadens. Hierzu müssen Sie, vertreten durch Ihren Anwalt, im Hauptsacheverfahren entsprechende Anträge stellen.
In einem ersten Schritt sollte der Konkurrent anwaltlich abgemahnt und unter Setzung einer angemessenen Frist zur Einstellung der Wettbewerbshandlung und zur Zahlung aufgefordert werden. Falls so keine Einigung zustande kommt, wird eine Klage – als Eilklage bezeichnet – unumgänglich.
Und zum Schluss?
Die jüngste Entscheidung des obersten französischen Gerichtshofs („Cour de cassation“) beurteilte einen Fall der Missachtung von geltenden Vorschriften als unlauteren Wettbewerb. In dem Verfahren ging es um einen Franchisegeber im Fastfood-Bereich, der sein Franchisenetzwerk in diesen schwierigen Zeiten durch rechtswidrige Zahlungsfristen und Kredite unterstützte. Dies tat er unter Missachtung geltender Vorschriften. Er wurde letztlich auf Klage eines Konkurrenten zur Unterlassung verurteilt.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und stehe Ihnen gerne zur Verfügung, falls Sie Unterstützung zum Thema „unlauterer Wettbewerb“ in Frankreich benötigen.
Ich hoffe, dass Ihnen dieses Video gefallen hat und freue mich über Ihre Anmerkungen und Kommentare. Weitere Informationen zum Thema „unlauterer Wettbewerb“ finden Sie außerdem in unserem deutschsprachigen Magazin La Nouvelle, das Sie auf unsere Webseite www.rechtsanwalt.fr (Vertrieb, Wettbewerb, Intellectual Property in Frankreich) herunterladen können. Und wenn Sie unser nächstes Video nicht verpassen möchten, abonnieren Sie doch einfach unseren YouTube Kanal. Vielen Dank und bis bald!
Déborah Niel