Unternehmenskauf in Frankreich
Themen-Klassiker zum französischen Wirtschaftsrecht
Transkript zum Videobeitrag:
Guten Tag,
willkommen in der deutsch-französischen Rechtsanwaltskanzlei EPP Rechtsanwälte Avocats.
Unsere Kanzlei ist seit 25 Jahren ausschließlich grenzüberschreitend für deutschsprachige Mandanten tätig, um sie in allen Bereichen des französischen Wirtschafts- und Arbeitsrechts zu beraten. Die Kanzlei hat 5 Standorte und zeichnet sich durch ein pragmatisches Angehen der Fragen und Probleme aus. Dazu hat die Kanzlei im Laufe der Zeit diverse Netzwerke aufgebaut, sowohl in Frankreich (privilegierte Kontakte zu Banken, Steuerberatern, Versicherungen und Dienstleistern im Bereich der Verwaltung von Arbeitnehmern) als auch im Ausland (durch das Netzwerk deutschsprachiger Anwälte im Ausland CBBL).
Mein Name ist Marianne Grange, ich bin als französische Rechtsanwältin in der Rechtsanwaltskammer Paris zugelassen und unterstütze seit fast 20 Jahren deutschsprachige Unternehmen, insbesondere im französischen Gesellschaftsrecht.
Heute möchte ich Ihnen Informationen zur Alternative der Neugründung einer Tochtergesellschaft als Einstieg in den französischen Markt geben: Der Unternehmenskauf in seinen zwei Ausgestaltungen: Share Deal (also Erwerb von Anteilen bzw. Aktien) und Asset Deal (also Kauf eines Geschäftsbetriebs).
1. Was den Ablauf eines Unternehmenskaufs in Frankreich angeht, ist dieser, unabhängig davon, ob der Kauf als Share Deal oder als Asset Deal erfolgt, im Großen und Ganzen ähnlich:
In beiden Fällen wird in der Regel zunächst eine Absichtserklärung in Form eines Letter of Intent (LOI) oder eines Term Sheets unterzeichnet.
In dieser Absichtserklärung legen Käufer und Verkäufer die Eckpunkte der Transaktion fest:
- Gegenstand des Kaufs,
- anvisierter Kaufpreis,
- aufschiebende Bedingungen, insbesondere etwa die Durchführung einer Due Diligence (d. h. einer vertieften Prüfung der wesentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Bestandteile des Zielunternehmens) und ähnliches,
- des Weiteren enthält sie in der Regel eine Exklusivität für einen bestimmten Zeitraum zugunsten des potentiellen Käufers sowie eine Vertraulichkeitsverpflichtung.
Danach wird die Due Diligence durchgeführt (= Prüfung des Zielunternehmens).
Besonderes Augenmerk sollte dabei unter anderem auf folgende Bereiche gelegt werden:
- Arbeitsrecht (Vorlage der Arbeitsverträge, Gehaltsabrechnungen, des geltenden Tarifvertrags etc.),
- Vertragsbeziehungen: Mietvertrag, Kunden- und Lieferantenverträge, Finanzierungverträge: Darlehensverträge, Sicherheiten,
- Gesellschaftsrechtliche Aspekte: Prüfung der Inhaber- und Eigentumsverhältnisse, Satzung, Kapitalmaßnahmen, bestehende Gesellschaftervereinbarungen etc.,
- Steuern und Buchhaltung: Prüfung der Jahresabschlüsse und der wesentlichen Steuererklärungen der letzten drei Geschäftsjahre
Inzwischen wird für die praktische Durchführung einer Due Diligence immer häufiger ein elektronischer Datenraum eingerichtet. Vertiefende Gespräche mit dem Management der Zielgesellschaft sollten jedoch immer persönlich stattfinden.
Die Due Diligence erlaubt es, ein verbindliches Kaufangebot abzugeben und die Risiken einzuschätzen, die im Hinblick auf vertragliche Garantien beim Unternehmenskauf eine wesentliche Rolle spielen.
Auf der Grundlage der Ergebnisse der Due Diligence wird dann der Abtretungsvertrag (Kaufvertrag für den Unternehmenskauf) ausgestaltet.
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte dieser zweisprachig (französisch und deutsch) aufgesetzt werden. Die Erfahrung im internationalen Rechtsgeschäft hat nämlich oft gezeigt, dass es bei Verträgen in englischer Sprache häufig zu Verständnisschwierigkeiten kommt. Mit unserem internen Team von beeidigten Übersetzern können wir eine solche zweisprachige Fassung zügig erstellen.
Dreh- und Angelpunkt des Abtretungsvertrags sind in der Regel die Garantieklauseln.
Da das französische Recht so gut wie keine Bestimmungen zu Garantieklauseln enthält, müssen die entsprechenden Vertragsklauseln sehr sorgfältig durch einen französischen Anwalt formuliert werden. Dabei ist in der Praxis zu beachten, dass sich kein Verkäufer auf eine Rentabilitätsgarantie einlassen wird. Und er wird grundsätzlich eine Deckelung des eventuellen Schadensersatzes (auf maximal den Kaufpreis) verlangen.
Eine notarielle Beurkundung des Abtretungsvertrages ist in Frankreich nicht erforderlich.
Vor der Unterzeichnung des Abtretungsvertrages müssen gewisse Pflichten gegenüber den Arbeitnehmern des Zielunternehmens erfüllt werden:
Verfügt das Zielunternehmen über ein Comité Economique et social (das französische Gegenstück zum Betriebsrat), muss dieser im Vorfeld der Transaktion konsultiert werden.
Im Übrigen muss jeder Arbeitnehmer vorab über das Verkaufsvorhaben informiert werden und jedem Arbeitnehmer muss Gelegenheit gegeben werden, selbst ein Kaufangebot abzugeben (welches der Verkäufer jedoch ohne Begründung ablehnen darf).
2. Neben den Gemeinsamkeiten gibt es selbstverständlich auch erhebliche Unterschiede zwischen einem Share Deal und einem Asset Deal in Frankreich:
Bei einem Share Deal werden die Anteile/Aktien der Zielgesellschaft gekauft. Die Zielgesellschaft bleibt als juristische Person unverändert mit all ihren Rechten und Pflichten, Aktiva und Passiva bestehen. Die zuvor genannten Garantievereinbarungen sind hier besonders wichtig.
Bei einem Asset Deal wird der Geschäftsbetrieb abgetreten. In Frankreich wird der Geschäftsbetrieb durch den Begriff Fonds de commerce beschrieben.
Dieser umfasst alle materiellen und immateriellen Gegenstände der Aktiva, insbesondere den Kundenstamm, die den Geschäftsbetrieb ausmachen; Verbindlichkeiten gehören nicht zum Geschäftsbetrieb dazu. Die Abtretung des Fonds de commerce findet automatisch statt mit dem Übergang der dem Geschäftsbetrieb zugeordneten Arbeitnehmer.
Für die Abtretung eines Fonds de commerce gibt es gesetzliche Vorgaben, was den Inhalt des Abtretungsvertrags angeht; außerdem sind gewisse Formalitäten hinsichtlich des Gläubigerschutzes zu beachten.
Ich hoffe, dieser erste Überblick zum Thema Unternehmenskauf in Frankreich hat Ihr Interesse geweckt und ich freue mich auf Ihre Anregungen und Kommentare.
Noch ein kleiner Punkt zum Schluss: Natürlich ist es im Rahmen eines Unternehmenskaufs, bei dem Sie nicht 100% der Zielgesellschaft übernehmen und sich also mit einem Partner in ein Joint Venture begeben, auch möglich, eine Gesellschaftervereinbarung abzuschließen.
Aber zu diesem Thema ein anderes Mal mehr.
Gerne können Sie auch unser deutschsprachiges Magazin La Nouvelle zum Unternehmenskauf in Frankreich herunterladen.
Wagen Sie den Schritt auf den französischen Markt – Auf unsere Unterstützung können Sie zählen!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, au revoir et à bientôt!